Muss ich „Lifestyle-Teilzeit“ genehmigen?

Porträt einer Frau mit blonden Haaren und blauem Blick vor dem Schriftzug „Kurier Kommentar“.
Die Rechtsanwältinnen von DORDA beantworten juristische Fragen zu praktischen Fällen aus dem Reich des Rechts.

Von Lisa Kulmer

Als Geschäftsführer eines mittelgroßen Unternehmens kenne ich die aktuelle Teilzeit-Diskussion aus erster Hand. Unsere Mitarbeiter kommen immer häufiger mit dem Wunsch auf mich zu, ihre Arbeitszeit zu reduzieren. Nicht wegen Kinderbetreuung oder Pflege, sondern um mehr Zeit für sich zu haben. Also das, was aktuell „Lifestyle-Teilzeit“ genannt wird. Dazu kommt: Neue Stellen kann ich oft nur besetzen, wenn ich sie Teilzeit anbiete – obwohl ich eigentlich Vollzeitkräfte bräuchte. Muss ich solche Wünsche genehmigen?

Michael G., Wien

Lieber Herr G., 
„Lifestyle-Teilzeit“ ist ein Begriff aus der öffentlichen Debatte – im Gesetz existiert er nicht. Arbeitsrechtlich handelt es sich um eine reguläre Teilzeitvereinbarung. Die entscheidende Frage lautet: Besteht ein Anspruch auf Teilzeit? Abgesehen von Sonderfällen – allen voran der Elternteilzeit – gibt es keinen generellen Rechtsanspruch auf Teilzeit, insbesondere nicht wegen eines Wunsches nach mehr Freizeit. Das bedeutet: Ohne gesetzlichen Anspruch ist eine Reduktion der Arbeitszeit nur mit Zustimmung beider Seiten möglich.

Rechtliche Sonderfälle

Ein Anspruch auf Teilzeit besteht nur in wenigen Fällen. In der Praxis am bedeutendsten ist die Elternteilzeit, die unter bestimmten Voraussetzungen bis zum Ablauf des achten Lebensjahres des Kindes in Anspruch genommen werden kann. Daneben gibt es z. B. auch die Möglichkeit von Pflegeteilzeit, in zeitlich aber viel geringerem Ausmaß, nämlich maximal bis zu vier Wochen. Eine längere Reduktion der Arbeitszeit ist Vereinbarungssache. Bildungs- und Altersteilzeit (sofern überhaupt noch existent) setzten bislang ebenfalls immer eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer voraus – einen gesetzlichen Anspruch gibt es hier nicht.

Realität am Arbeitsmarkt

Unternehmen berichten häufig, dass sich qualifizierte Bewerber oft nur für Teilzeit interessieren. Das zwingt Arbeitgeber dazu, strategisch zu überlegen, wie Stellenprofile gestaltet werden können – z. B. durch Jobsharing, flexible Arbeitszeitmodelle oder befristete Teilzeitvereinbarungen mit Rückkehroption. So sichern Sie die Besetzung wichtiger Positionen, ohne dauerhaft auf Vollzeit zu verzichten.

Überstunden, Mehrarbeit

Teilzeit ist für Arbeitgeber oft mit finanziellen Mehrkosten verbunden, Mehrarbeitszuschläge gelten bereits, wenn die vereinbarte Wochenarbeitszeit überschritten wird. Es ist daher nachvollziehbar, dass viele Arbeitgeber Vollzeit bevorzugen. Gleichzeitig sollte das jeweilige Arbeitszeitmodell (z. B. fixe Arbeitszeit, Gleitzeit oder eine Durchrechnung) gut überlegt und vertraglich sauber geregelt werden, um spätere Streitigkeiten möglichst zu vermeiden. Gleiches gilt für die Vergütung (Pauschale, All-in).

Fazit

Lifestyle-Teilzeit ist kein rechtlicher Begriff. Ohne gesetzlichen Anspruch entscheidet Ihr Betrieb, ob und wie Sie den Wunsch erfüllen. In Zeiten knapper Fachkräfte kann ein flexibles, planbares Teilzeitangebot jedoch der Schlüssel sein, um überhaupt Personal zu gewinnen. Wer hier klare Regeln und transparente Kriterien hat, bleibt arbeitsrechtlich sicher – und wettbewerbsfähig.

Zur Autorin:

Lisa Kulmer ist Counsel und Expertin im Arbeitsrecht bei DORDA.

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