Pudding-Essen mit Gabel: Der Tiktok-Trend und Klaus Eckel
Letzte Woche besuchte meine Tochter die Veranstaltung „Pudding-Essen mit Gabel“. Dabei treffen sich Hunderte Jugendliche auf einer Wiese und versuchen gleichzeitig, mit ungeeignetem Besteck eine Wabbelcreme zu verspeisen.
Mein innerer Boomer schüttelte natürlich sofort den Kopf. Doch die weltoffene Gedankenfraktion, welche nach wie vor in meinem inneren Parlament die absolute Mehrheit hält, empfand diese Idee als genial. In einer Zeit, in der wir alles optimieren – die knusprigste Pizza, den perfektesten Partner, die schnellste Route – verlangsamt man künstlich das Leben.
Digitaler Würgegriff
Vielleicht ist das auch der zaghafte Versuch der Jugend, gemeinsam dem digitalen Würgegriff zu entkommen. Es bleibt nämlich, während man schlabbernde Vanillecreme über einige Zinken balanciert, keine Hand frei, um über das Smartphone zu wischen.
„Vielleicht schlürfen die dort auch nur deswegen Pudding, weil ihnen von der Polizei das Marihuana weggenommen wurde“, erwiderte sofort mein innerer Boomer. Sie bemerken sicher gleich: Mein innerer Boomer ist ein durch und durch verbittertes Wesen. „Pudding-Essen mit Gabel“ klingt nach einem Refrain und ist für mich ein hitverdächtiges Loblied in der Hitparade der guten Laune.
Solche auf den ersten Blick sinnlosen Veranstaltungen lassen unsere auf Optimierung abgerichteten Gehirne vorübergehend durchschnaufen. Als Burn-out-Prophylaxe sollten Erwachsene dringend über ähnliche Veranstaltungen nachdenken. Wie wäre es mit Wäscheaufhängen mit Büroklammern, Blumengießen mit Eierbechern, Mülltrennen mit einer Pinzette, Whatsapp-Nachrichten verschicken mit dem Minnesänger? Doch Moment, eines fehlt bei all meinen Vorschlägen – die wichtige zweite Komponente: die Geselligkeit. Geteilter Unsinn macht einfach doppelt so viel Freude. Darum sollten wir uns anlässlich des Oktoberfests treffen – zum kollektiven Brainstorming beim Biertrinken mit Stäbchen.
Der Autor ist Kabarettist und Buchautor. Termine 2025 auf globe.wien.
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