Porträt einer lächelnden Frau mit Sonnenbrille, im Stil einer Aquarellmalerei.

Polly Adlers Kolumne: Störfall auf vier Zentimetern

Ein winziges Tier, eine durchwachte Nacht, ein ganzer Haushalt im Alarmmodus.

Der Whippet posiert auf der Korb-Chaiselongue wie eine gelangweilte Oligarchen-Gattin und rührt nicht einmal ein Ohrwaschel, als die Spitzmaus in meine kleine Donau-Hütte prescht. Ihren Jagdinstinkt hat diese Hunde-Rasse offensichtlich an der Degenerationsgarderobe abgegeben. Ich lasse einen spitzen Schrei des Entsetzens los. Die männlichen Gäste, die eigentlich zum Essen eingeladen waren, erkennen den Ernst der Lage und kommen in die Gänge. 

Es werden Möbel verrückt, Laden ausgehängt usw. Eine Maus im Haus bedeutet nämlich raffiniert verteilte Scheiße, angeknabberte Lebensmittelpackungen, nachts dieses erratische Geraschel und Getapse, in Folge hysterische Putzorgien. Beruhigungsparolen werden ausgegeben. Die Maus ist längst abgehaut. Chillax doch einfach. Haha, genau! Nachts Geraschel und Getapse. Ich liege hellwach und lausche. 

 

Ich versuche mir die Zeit mit der Findung von Titeln aller Art mit Maus zu vertreiben: „Die Mausefalle“, „Von Mäusen und Menschen“, „Die Maus auf dem Mars“, „Hier kommt die Maus“ usw. Tap-Tap-tap. Es ist vier Uhr am Morgen, als ich von „House“ auf „Mouse“ umschwenke, weil mir sonst die Ideen ausgehen: „Burning down the mouse“, „The mouse of the rising sun“ etc. Um sieben Uhr habe ich kein Auge zugemacht, muss aber eine Story über Prinz Andrew schreiben. Gibt es in der „Royal Lodge“, also Andrews Mauseloch, auch Mausis? Und taugen die Corgis der Queen eigentlich als Mäusejäger? 

 

Ich konsultiere ChatGPT zum Thema Mäusevertreibung. Also Fallen, Lebendfallen natürlich, schließlich pennt die Karma-Polizei nicht, Erdnussbutter rein und nichts wie weg. #selfevacuation olé. Mein Nachbar schickt mir einen Tag danach das Bild des Jagdtriumphs: die Spitzmaus in der Gitterfalle. Er setzt sie in Vösendorf aus. Zu nah finden die sonst gern zurück. Darauf habe ich bestanden. Große Erleichterung. Tara gehört wieder mir. Und das ganze Theater wegen einer drei Zentimeter langen Spitzmaus. Lächerlich!

polly.adler@kurier.at

pollyadler.at 

Polly Adler

Über Polly Adler

Polly Adler steht als Chaos-de-luxe-Kolumnistin auf dem satirischen Beobachtungsposten von Alltags-Irrsinn, Beziehungs-Herausforderungen und Brutpflege. Hinter dem Pseudonym versteckt sich die Wiener Journalistin Angelika Hager. Aus Polly Adlers verrückter Welt entstanden inzwischen acht Bücher, eine TV-Serie und diverse Bühnen-Shows, aktuell „Knietief im Glamour”: die Polly-Adler-Show im Rabenhof. Jeden Sonntag um 11 Uhr.

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