Der Greißer ums Eck: Nicht teuer, aber unbezahlbar

Eine Hand hält eine Einkaufsliste mit den Einträgen Obst, Brot, Milch, Wein, Zucker und Nudeln.
Viele unterschätzen den Wert des Nahversorgers und merken erst nach der Schließung, was wirklich fehlt.
Birgit Braunrath

Birgit Braunrath

Der Nahversorger hier bei uns auf dem Land ist unbezahlbar: Greißlerei, Postpartner, Trafik. Umschlagplatz für Neuigkeiten – von Partezettelaushang bis zu Gebrauchtwarenangeboten.

Um sechs schon offen, damit die Pendler ihr Frühstück bekommen. Bis 18 Uhr offen, damit die anderen nach der Arbeit fürs Abendessen einkaufen können. Über Mittag offen, falls jemand Hunger hat. Für fast alle Einwohner fußläufig erreichbar, immer freie Parkplätze vor der Tür. Freundlichkeit an Kassa und Wursttheke im Preis inbegriffen, auch wenn man nur ein Semmerl holt oder einfach vorbeischaut.

Die sozialen Aufgaben, die ein solcher Betrieb – bewusst oder unbewusst – übernimmt, sind tatsächlich unbezahlbar. Aber das muss man sich als Unternehmerin oder Unternehmer auch leisten können. Viele geben auf.

Negativspitzenreiter

Laut jüngster Studienergebnisse der KMU Forschung Austria haben bereits 30 Prozent der burgenländischen Gemeinden keinen Greißler mehr. Damit führt das Burgenland die Negativliste an (weit vor Tirol und Oberösterreich, wo es in je 22 Prozent der Gemeinden keine Lebensmitteleinzelhandel-Nahversorger mehr gibt).

Aber auch bei der Frage, wie hoch der Anteil der betroffenen Bevölkerung ist, liegt das Burgenland deutlich voran: Bei uns leben 14 Prozent der Bevölkerung in Gemeinden ohne Nahversorger, gefolgt von Niederösterreich mit nur 7,8 Prozent.

Sperrt ein Betrieb zu, ist das Wehklagen laut. Und viele, die zum Einkaufen stets in größere Supermärkte gefahren sind und höchstens ab und zu im Vorbeigehen eine Wurstsemmel oder eine Briefmarke gekauft haben, bedauern das Fehlen der fußläufigen Versorgungsmöglichkeit. Aber von solchen Kunden kann kein Nahversorger leben.

Viele glauben, dass sie im Supermarkt, drei Orte weiter, günstiger kaufen, bedenken aber nicht die gefahrenen Kilometer und die Tatsache, dass von „Nimm-3-zahl-2“-Angeboten oft einiges daheim verdirbt und weggeworfen wird. Der Nahversorger ist am Ende nicht teurer. Aber er sollte uns lieb und teuer sein.

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