Es geht uns eigentlich gar nicht so schlecht

Es geht uns eigentlich gar nicht so schlecht
Hätte es k. u. k. nicht gegeben, hätte Sarajevo nicht als eine der ersten europäischen Hauptstädte eine Straßenbahn bekommen.
Mirad Odobašić

Mirad Odobašić

Haben Sie, so wie ich, Negativschlagzeilen satt? Haben Sie, so wie ich, die Nase voll von Trumps, Musks, Putins und anderen Figuren, die für Medien - der Reichweite wegen - leider unentbehrlich geworden sind? Wollen Sie hören, dass es uns trotz Inflation, steigender Jugendgewalt oder „nicht geregelter Migration“ immer noch gut geht? Ja? Dann verlassen Sie doch bitte ab und zu Ihre Blase und ziehen Sie Vergleiche.

Fazit

So einen zog vor Jahren ein Cousin aus Sarajevo für mich. Nach drei Monaten in Wien - seine Frau wurde von einer österreichischen Bank, die in Bosnien gute Geschäfte macht, zu Weiterbildungen herbeordert - fragte ich ihn nach seinem Fazit. Wie es ihm hier, in unserer Hauptstadt gefallen hat, wollte ich wissen. 

Er jammerte zuerst darüber, dass er, ein arbeitsloser Regisseur, sich hier hauptsächlich um ihre zwei Kleinkinder kümmern musste (ja, am Balkan steht die Frau tatsächlich nicht mehr hauptberuflich am Herd). Dann sagte er einen Satz, der sich in mein Gedächtnis so sehr eingeprägt hat: "Brate (Bruder, Anm.), weißt du, was mir nach diesen drei Monaten hier klar geworden ist? Wären die Österreicher damals nicht zu uns gekommen, würden wir unten immer noch auf den Bäumen rumhüpfen."

Wien-like

Auch wenn sein Fazit hart ausfallen mag: Der Mann weiß, wovon er spricht - lebt er doch in einer Stadt, die mancherorts wie Wien aussieht. Die Österreicher haben der bosnischen Hauptstadt nach ihrer Ankunft 1878 ein neues, hübscheres Gesicht verliehen, die von den Osmanen zuvor vernachlässigte Infrastruktur erneuert. Hätte es k. u. k. nicht gegeben, hätte Sarajevo nicht als eine der ersten europäischen Hauptstädte eine Straßenbahn bekommen. 

Die alten Wiener Garnituren sind übrigens in Sarajevo immer noch unterwegs. Nach den Österreichern waren die Bosnier auf sich allein gestellt. Was, wie wir nun wissen, nicht gut war. 

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