Reisende soll man nicht aufhalten

Bei 18 habe ich zu zählen aufgehört. Mindestens so oft habe ich im Leben meine Wohnadresse geändert. Begonnen hat das ewige Hin- und Hergeschiebe bereits in der Kindheit, als ich zwischen der Wohnung meiner vermeintlich überforderten Eltern und der meiner - tatsächlich überforderten - Großmutter, die auf mich aufpasste, pendeln musste.
Der Umzugswahnsinn
Es folgte der kriegsbedingte Umzug (klingt schöner als Flucht) zum Onkel nach Kroatien, von wo aus es nach Deutschland ging. Als ich mich schlussendlich in Wien niederließ, wie es mein damaliger Aufenthaltstitel so schön beschrieb, da fing der Umzugswahnsinn erst richtig an.
Gefühlt ein ganzer Baum musste gefällt werden für die vielen Meldezettel, die sich über Jahre hinweg in den persönlichen Mappen anstauten.
Ein Vogel mit weichem Fell
Doch Umzüge kosten einen nicht nur eine Menge Kohle, Zeit und Nerven. Sie setzen einem emotional zu. Denn jeder Umzug zieht einen Abschied nach sich. Hart gesottene Zugvögel mögen zwar behaupten, mit der Zeit härte man ab, nehme sich Abschiede nicht mehr so sehr zu Herzen. Ich gehöre nicht zu dieser Sorte – eher zu jener mit dem weichen Fell.
An jeder Station meines Lebens habe ich Nachbarn, Bäume, Duschvorhänge oder Couchflecken lieb gewonnen. Sachen, die mir zumindest für eine Weile abgegangen sind.
Nach 17 Jahren im altehrwürdigen Haus in der Lindengasse und am weniger glamourösen Leopold-Ungar-Platz wird es nicht anders sein: Denn der komische Vogel, der diese Zeilen verfasst, nimmt hier Abschied und zieht weiter. Es war mir ein Volksfest, eine Ehre, doch wie sagt man so schön: Reisende (Vögel) soll man nicht aufhalten.
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