Im Höhenflug nach Kitz

Ein bissl siegt bei Österreichs alpinen Triumphen auch das vereinigte Europa mit.
Wolfgang Winheim

Wolfgang Winheim

Aufatmen in der Skiszene. Den dramatisch intensiven Schneefällen und Lawinenabgängen folgte eine prächtige TV-Werbung in Weiß. Für den gesamten Alpinsport. Und für Österreichs Brett’lartisten im Besonderen.

In Cortina, wo die Damen mit 130 km/h am fünf Stock hohen Tofana-Felsen vorbeisausten, siegte Ramona Siebenhofer innerhalb von 24 Stunden zwei Mal. Bei der zweiten italienischen Abfahrt waren mit Siebenhofer und Nicole Schmidhofer sogar zwei Steirerinnen die Schnellsten.

Am Schweizer Lauberhorn besaß Vincent Kriechmayr, 27, bei der längsten Weltcup-Abfahrt den längsten Atem. Alles schien angerichtet für ein Heimsieg des Schweizer Sympathikus Beat Feuz. Tausende Eidgenossen pilgerten schon in den Morgenstunden bis hinauf zu Mittelstation Wengernalp, wo es mehr mobile Toiletten als Zuschauer bei der ersten Weltcup-Abfahrt der Saison im kanadischen Lake Louise gab.

Auch für’s Schweizer TV ging der gewaltige Aufwand nicht in die Hos’n. Dank Postkartenwetter konnten einzigartige Rennbilder sogar von der Hubschrauber-Perspektive aus gezeigt werden. Und der Höhenflug der ÖSV geht nicht zu Ende.

Drei Mal Marcel Hirscher, zwei Mal Marco Schwarz und ein Mal Kriechmayr – 2019 wurde nach allen bisherigen sechs Weltcuprennen im Ausland die österreichische Hymne gespielt. Ein bissl siegt auch das vereinigte Europa mit. Denn wie der halbe Holländer Hirscher hat auch Kriechmayr eine Mama, die aus dem Benelux-Raum stammt.

Die belgische Gattin eines oberösterreichischen Landwirts und Skilehrers lehrte Kunstgeschichte. In Verehrung von Vincent van Gogh erfolgte die Namensgebung ihres Juniors. Man kann sich ausmalen, was nach dem Sieg des Pisten-Vincent nun erst am Wochenende in Kitzbühel für ein Rummel herrschen wird.

Der Hahnenkamm-Sieg wird von den Veranstaltern mit 74.000 Euro prämiert. Eine Summe, die fast doppelt hoch ist wie wie jene, die Kriechmayr von den bekannt sparsamen Berner Oberländern am Lauberhorn erhielt. Aber an Euros wird Kriechmayr gestern genauso wenig gedacht haben wie Emanuele Buzzi. Der Italiener besaß im Ziel keine Kraft mehr zum Bremsen. Er verletzte sich beim Crash gegen die Werbebande einer Versicherung am Bein.

Dem Pechvogel werden 3500 Euro brutto überwiesen. Aus dem bescheidenen Lohn für seine bisher beste Platzierung (= Rang 6) wurde Schmerzensgeld.

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