Ihr Chef hat daher recht, wenn er meint, Sie müssen zu Ihrem jährlichen Kontrolltermin beim Zahnarzt außerhalb Ihrer Arbeitszeit gehen. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass es Angestellten grundsätzlich zumutbar ist, einen Arztbesuch außerhalb der Arbeitszeit zu erledigen.
Nur wenn es die Umstände erfordern, ist einem Angestellten auch während der Arbeitszeit ein Arztbesuch zu ermöglichen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn es sich um einen akuten Anlass, also beispielsweise starke Zahnschmerzen, handelt. Bei akuten Beschwerden sind Sie daher berechtigt, den nächsten möglichen Termin zu vereinbaren, auch wenn dieser während der Arbeitszeiten ist.
Wären die Beschwerden so stark, dass Sie deshalb nicht arbeiten können, wären Sie überhaupt vom Dienst befreit. Auch ein Arztbesuch wegen der (akuten) Erkrankung eines Kindes ist während der Arbeitszeit zulässig.
Ausnahmsweise wäre ein Arztbesuch während der Arbeitszeit auch dann zulässig, wenn Ihr behandelnder Arzt nur während der Arbeitszeit seine Ordination geöffnet hat. Dabei ist allerdings zu beachten, dass es Ihnen zwar freisteht, einen Arzt Ihrer Wahl zu konsultieren, jedoch darf das Recht der freien Arztwahl auch nicht überspannt werden. Die Wahl ausgerechnet eines Arztes, der nur sehr eingeschränkte Ordinationszeiten hat, sodass es immer zu einem Termin in der Mitte der Arbeitszeit kommen muss, wird nur in Ausnahmefällen zulässig sein.
Auch wenn Sie einen Arzt aufsuchen müssen, bei dem eine Untersuchung an eine bestimmte Zeit gebunden ist, ist es zulässig, diese Arzttermine während der Arbeitszeit zu verrichten. Diese Regelung gilt beispielsweise für Blutuntersuchungen in einem Labor, wenn Sie bei der Untersuchung nüchtern sein müssen.
Für den Fall eines zulässigen Arztbesuchs während der Arbeitszeit handelt es sich um eine Dienstverhinderung, in der Sie weiterhin Anspruch auf Ihr Entgelt haben. Sie müssen sich also für zulässige Arztbesuche keinen Urlaubstag nehmen.
Neben dem tatsächlichen Arztbesuch zählt dann auch die dafür erforderliche Wegzeit als bezahlte Dienstverhinderung. Schon aus diesem Grund ist ein Arztbesuch im Interesse des Dienstgebers nur in Ausnahmefällen während der Arbeitszeit zulässig.
Nach Möglichkeit haben Sie daher nicht dringende Arztbesuche, wie einen jährlichen Kontrolltermin, außerhalb der Arbeitszeit zu vereinbaren. Wenn dies nicht möglich ist, so haben Sie zumindest Ihre Abwesenheit so gering wie möglich zu halten, also den Arzttermin zumindest an den Rand Ihres Arbeitstages zu legen und Ihren Arbeitgeber rechtzeitig zu informieren. Ihr Arbeitgeber ist auch berechtigt, eine Bestätigung des Arztes über Ihre Anwesenheit in der Ordination zu verlangen.
rechtpraktisch@kurier.at
Kommentare