Guido Tartarotti

Guidos Kolumne: Wimbledon, Weiß und Kindheitserinnerungen

Wimbledon weckt Erinnerungen an grüne Plätze, weiße Outfits und einen Vater, der Tennis lehrte, nur nicht dem eigenen Sohn.

Jetzt war Wimbledon, das wahrscheinlich wichtigste Tennisturnier der Welt, und ich fühlte mich sofort wieder zuhause. Ich bin ja auf Tennisplätzen aufgewachsen, mein Vater war Tennistrainer, und meine Mutter hat viel und oft gespielt. 

Ich erinnere mich noch gut an den Holzschläger meines Vaters. Meine Mutter hat mir erzählt, dass sie einmal einen wichtigen Punkt gespielt hat und ich habe quer über alle Plätze gebrüllt: „Mama, ich muss Lulu!“ Ich erinnere mich nicht mehr daran, aber ich glaube die Geschichte sofort. Als kleines Kind durfte mir nur meine Mutter helfen, wenn ich aufs Klo musste. Die ersten Wimbledon-Übertragungen, die ich sah, waren mit Jimmy Connors und John McEnroe. 

Ich mochte McEnroe, er benahm sich zwar nicht gut, aber er spielte fantastisch, sein Aufschlag sah komisch aus, kam aber hart und präzise. Wenn er gegen Björn Borg spielte, hielt ich immer zu McEnroe. Über die freundschaftliche Rivalität der beiden gibt es einen tollen Film. Was mir an Wimbledon gefiel, waren auch die Farben: Grün und Weiß. Die Plätze waren und sind grün, die Kleidung der Spieler war weiß. Zuhause hatten wir nur einen Schwarzweiß-Fernseher. 

Aber meine Oma, eine praktische Ärztin, hatte einen Farbfernseher, und ich ging zum Tennisschauen immer zu ihr. Dass mein Vater Tennislehrer war, bedeutet übrigens nicht, dass ich spielen konnte. Mein Vater weigerte sich, mich zu trainieren, vermutlich wusste er, dass das sinnlos war. Erst mit 27 Jahren habe ich Tennisspielen gelernt, ein guter Freund brachte es mir bei. Ich spielte gerne, aber nicht gut. 

Als mein Vater 50 wurde, haben wir gegeneinander gespielt, und er ließ mich in fünf Sätzen gewinnen. Dass mein bester Freund heute Präsident jenes Klubs ist, in dem meine Eltern gespielt haben, empfinde ich als ziemlich gute Pointe des Lebens. 

guido.tartarotti@kurier.at 

Guido Tartarotti

Über Guido Tartarotti

Guido Tartarotti wurde, ohne vorher um Erlaubnis gefragt worden zu sein, am 23. Mai 1968 zur Mödlinger Welt gebracht. Seine Eltern sind Lehrer, und das prägte ihn: Im anerzogenen Wunsch, stets korrekt und dialektfrei zu sprechen, glaubte er bis in die Pubertät, Vösendorf heiße eigentlich Felsendorf. Das Gymnasium Perchtoldsdorf, wo es damals u. a. eine strenge Einbahnregelung für die Stiegenhäuser gab, verzichtete nach einigen Verhaltensoriginalitäten seinerseits nach der fünften Klasse auf seine weitere Mitarbeit. Also maturierte er in der AHS Mödling-Keimgasse. 1990 begann er in der KURIER-Chronikredaktion. 1994 wurde er Leiter der Medienredaktion, ein Jahr darauf auch der Kulturredaktion. Beide Positionen legte er 2004 zurück, um wieder mehr Zeit zum Schreiben zu haben.

Kommentare