Guido Tartarottis "Über Leben": Zu Gast im Wirtshaus
Wie ein einfacher Knödel mit Saft Erinnerungen und Gespräche ins Rollen bringt.
Kürzlich waren meine heiß geschätzte Cousine C. und ich in einem Perchtoldsdorfer Heurigenlokal essen. Als wir unsere Mahlzeit bestellten, schauten wir einander ungläubig an und begannen dann zu lachen. Denn wir hatten beide „Knödel mit Saft“ bestellt.
Im Gespräch stellten wir fest: Wir hatten uns beide als Kinder von Knödeln mit Saft ernährt und lebten diese Vorliebe bis heute. Dabei hatten wir einander als Kinder gar nicht gekannt. Offenbar liegt die Neigung zu eingeweichter Semmelteigmasse bei uns in den großmütterlichen Genen. Ich gestehe, ich bestellte mir zum Knödel noch einen Schweinsbraten.
Ich mag Schweinefleisch eigentlich nicht, aber einmal im Jahr bekomme ich eine unstillbare Gier danach. Wobei ich es mit Otto Schenk halte und am liebsten das Fleisch wegschneiden und nur das Fett essen würde. Nach dem Essen begannen meine Cousine und ich, nach Leibeskräften zu plaudern. Auch das haben wir gemeinsam: Wir reden gern, wenn das richtige Gegenüber beim Reden mitmacht.
Wir sprachen über unterschiedlich große Unendlichkeiten, Georg Danzer und sein Wissen um Philosophie, über André Heller am Balkon seiner Wohnung beim Betrachten eines Gewitters, das er selber vielleicht besser hingekriegt hätte, über Schafe und ihre Sprungkraft, über Hautkrankheiten und über die Liebe unserer Oma zu Tennis. C. erinnert sich, dass die Oma einmal über einen Herrn sagte: Er hat so eine schöne Backhand, er ist sicher ein guter Mensch.
Ohne dass wir es merkten, verflog die Zeit, und irgendwann baten uns die Heurigenwirte höflich, aber sehr bestimmt, jetzt zu gehen. Und ich kann nur eines sagen: Nichts fördert das Gesprächsklima so sehr wie ein Knödel mit Saft. Vielleicht sogar mit Schweinsbraten.
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