Fit mit Günther Lainer: Training beim Hausbauen

Der Kabarettist Günther Lainer über das Helfen beim Hausbauen und den Muskelkater.
Günther Lainer

Günther Lainer

Also: Meine Nichte erwischte mich tatsächlich auf einer Hochzeit im Mühlviertel. Gegen Mitternacht, die Musik war laut, die Feierlaune war groß – ich war praktisch in einer Phase, in der man zu allem „Ja“ sagt. Hätte sie mich gefragt, ob ich beim Marathon starte, ich hätte auch zugesagt. Aber es war „nur“ Hausbauen. Da habe ich gleich geantwortet: „Na sicher, jederzeit!“ Am nächsten Tag kam die Whatsapp: „Onkel Günther, ich freu mich, dich auf unserer Baustelle zu begrüßen.“ Ich hatte es schon wieder vergessen, aber in der Gruppe „Heislbaun im Mühlviertel“ hatten sie diese Zusage gefeiert.

Gut, ich habe noch gewartet auf einen 60er – also Ausfall bei Regen. Denn wenn ich eins kann: Von drinnen dem Regen draußen zuschauen. Aber natürlich: Das Wetter war wie bestellt – bewölkt, aber kein Tropfen. Im Urlaub hätte es geschüttet, da bin ich mir sicher. 

Baustellen-Hierarchie

Auf einer Baustelle gibt es eine klare Hierarchie. Ganz oben der Polier – das ist quasi der Dirigent. Dann die Maurer – das Orchester. Und dann der Hilfsarbeiter – das ist… na ja, das Schlagzeug, das immer zu laut ist. Und dann komme ich – der Stadtmensch. Meine Position war unbesetzt. Ich bin quasi die Triangel im Orchester. Ab und zu „pling“ – und alle wundern sich, wozu das überhaupt da ist. Meine berufliche Tätigkeit beschränkt sich ja normalerweise aufs Stehen, Sitzen und Reden. Körperliche Arbeit – weit weg.

Die Kommunikation auf einer Baustelle ist auch eine eigene: keine langen Geschichten, sondern Kommandos, die mit einem Wort auskommen. „Ziegel.“ „Mörtel.“ „Hammer.“ „Leberkässemmel“. Fertig. Wörter wie „Bitte“, „Danke“ oder „Gut gemacht“ sind Freizeitsache. Die haben auf einer Baustelle nichts verloren.

Ich musste feststellen: Eine Baustelle ist ein Fitnessstudio im Freien. Du brauchst keine Hanteln, du brauchst keine Mitgliedskarte – du brauchst nur einen Ziegelstapel, eine Mischmaschine und eine Schaufel. Nach 15 Minuten hast du einen Muskelkater und fragst dich, warum man dafür auch noch freiwillig zahlt. „Baustellenfitness“ – das wär ein Geschäftsmodell! Ich sah mich schon mit eigener TV-Show: „Fit mit Günther“.

Nachbesprechung

Der nächste Tag war auch besonders. Ich spürte Muskeln, von denen ich vorher gar nicht wusste, dass ich sie habe. 

Und jetzt das Beste: Am nächsten Tag schrieb mir die Nichte: „Schön, dass du da warst. Ich hoffe, du hast keinen Muskelkater. Übrigens: Die Maurer haben schon gefragt, wann du wieder kommst.“ Sie hatten mich vermisst! Ich hatte offenbar Eindruck hinterlassen. Ich weiß nicht, ob’s ein guter war. Aber ich denke da gar nicht darüber nach. Ich bin jetzt eine Baustellenlegende. Zumindest in dem einen Ort im Mühlviertel. Ich hatte alles gegeben. Aber nächstes Mal, wenn ich eingeladen werde, spende ich statt meiner Muskelkraft eine Palette Ziegel. Ich glaube, da ist Ihnen mehr geholfen.

Nach dem Nachmittagsbier kam „überraschend“ ein Termin in Linz herein, ich musste die Baustelle verlassen. Auch die Whatsapp-Gruppe habe ich sicherheitshalber verlassen. Aber für eine Einladung zur Gleichenfeier müsste es reichen.

Günther Lainer ist Kabarettist. Seine Auftritte: www.guentherlainer.at.

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