Der Schilcher, dieser Schlingel

Der weststeirische Schilcher ist resch mit Säurebiss: In der Nase Erdbeere, am Gaumen Rhabarber.
Juliane Fischer

Juliane Fischer

Ein Zusammenhang ist noch ungeklärt, aber ich stelle jetzt einmal die Behauptung auf, dass mit dem Auftauchen von blasslila Krokussen und schwefelgelben Primeln der Gusto auf Rosé-Wein im Sonnenschein steigt. Die Flaschenpost machte sich also auf die Suche nach zartrosa bis lachsfarbener Vielfalt. Ein ungestümer Steirer kommt dazwischen. Der Schilcher, dieser Schlingel aus der Blauer-Wildbacher-Traube mag eine resche Art haben, aber wer Rabiatperle zu ihm sagt, tut ihm Unrecht. Zur zünftigen Brettljause oder als erfrischender Spritzer: Schilcher geht immer, lautet die weststeirische Parole.

Obwohl es auch seine Hauptsorte ist, verkauft der Strohmeier Franz seine Weine unter Fantasienamen: Statt Schilcher heißt der Wein „Trauben, Liebe und Zeit Karmin“. Der Namensvetter, der Strohmaier Christian, ebenfalls aus St. Stefan ob Stainz, macht seit 17 Jahren einen klassischen Schilcher, seine Familie schon seit dem 17. Jahrhundert. Vielleicht hat Pius VI einen Strohmaier-Schilcher probiert. 1782 reiste der Papst zu Joseph II. und hielt in der Gegend. „Sie haben uns einen rosaroten Essig vorgesetzt, den sie Schilcher nannten“, notierte er.

Italienischen Gaumen waren säurebetonte Weine eben nicht geheuer. Außerdem war die Qualität eher nicht so hervorragend wie heute. Ried Neuberg 2020 zum Beispiel: Erdbeer in der Nase, Rhabarber am Gaumen, leichtfüßige 11,5 Volumsprozent. Der Strohmaier-Hof wurde übrigens 1820 im Grundbuch als „Herrgott Weingart mit Behausung“ bezeichnet. Das dürfte dem Papst schmecken.

Sie kostet sich durch die Weinwelt, arbeitet als freie Journalistin und zum Ausgleich in ihrem Weingarten in Niederösterreich.
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