Bockbier oder Obi gespritzt? Beides voll okay!

Bange Frage im Café: Geht es nach den Rauchern jetzt auch den Trinkern an den Kragen?
Wolfgang Kralicek

Wolfgang Kralicek

Null Bock. Stammgast Franz kam neulich ganz aufgeregt ins Café. „Ich war gerade beim Billa und wollte, wie jedes Jahr zu Weihnachten, ein paar Flaschen Bockbier kaufen“, erzählte er. „Aber es gab keines. Null Bock! Kann es sein, dass die Produktion von Bockbier eingestellt wurde?“ Andere Gäste hatten ähnliche Erfahrungen gemacht, und es ergab sich folgendes Lagebild: Bockbier gibt es noch, aber man muss danach suchen.

Bockbier trinkt man nur alle heiligen Zeiten, zu Weihnachten und zu Ostern, und es ist stärker als normales Bier. Der Verdacht liegt nahe, dass das der Grund ist, warum in den Supermarktregalen kaum noch Bockbier zu finden ist: Ein hoher Alkoholgehalt ist heute nicht mehr unbedingt ein Verkaufsargument, im Gegenteil. Der Trend geht zum Leichtbier, wenn nicht überhaupt zum Alkoholfreien.

Auch ein Blick in die Buchhandlung bestätigt den Eindruck: Da liegen stapelweise Bücher mit Titeln wie „Nüchtern“, „Ohne Alkohol – Die beste Entscheidung meines Lebens“ oder, ganz neu, „Warum ich keinen Alkohol mehr trinke“. Geht es nach den Rauchern jetzt auch den Trinkern an den Kragen?

Passivtrinken. Im Café Kralicek ist alles erlaubt, sogar Nicht-Trinken. Wer also zum Beispiel ein Obi gespritzt bestellt, muss nicht mit den üblichen Scherzen („Malbuch und Buntstifte dazu?“) rechnen. Aber während sogar viele Raucher es eigentlich begrüßen, dass im Café nicht mehr getschickt werden darf, kann und will sich wirklich niemand ein alkoholfreies Lokal vorstellen. „Außerdem schadet Passivtrinken ja niemandem“, sagt Stammgast Susanne.

Dass die Zeiten vorbei sind, in denen das Saufen glorifiziert wurde, ist gut. Aber die Hohelieder, die jetzt überall auf die Abstinenz gesungen werden, sind genauso mühsam. Der Chef sieht das ähnlich und gibt deshalb eine Runde Bockbier aus. Auf Wunsch darf’s auch ein Obi gespritzt sein.

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