Doku "Bier!": Zwischen ethischem Trinken und Dosenabfüllung

Immer mehr Frauen greifen gerne zum Bier
Filmemacher Friedrich Moser zeigt vor allem Innenansicht der wachsenden Craftbier-Szene. Kinostart ist am 30. August.

Der Trend zum Craftbier greift seit einigen Jahren auch in Österreich um sich. Der Filmemacher Friedrich Moser spürt diesem lifestyligen Gegenentwurf zum Großkonzerngebräu nun in seiner Filmdoku mit den schlicht-einladenden Titel "Bier!" nach. Ab Freitag ist das Porträt einer Szene zwischen handwerklichem Brauen mit mitunter ethischer Note und Dosenabfüllung im Kino zu sehen.

Gleich zu Beginn des Streifens erhebt Peter Bouckaert das Bierbrauen gewissermaßen zur Kunstform - "Bier ist meine Kunst". Er könne eben nicht Malen oder sich auf sonstige Weise künstlerisch verwirklichen, so der belgische Braumeister, der als einer der Protagonisten des Films fungiert. Nicht umsonst, denn anhand seiner Vita lassen sich einige Entwicklungslinien der Craftbier-Bewegung ablesen.

Über Handwerk und Leidenschaft

Tatsächlich war sie vor allem im österreichischen Mainstreamsupermarktangebot über lange Zeit hinweg kaum greifbar, die Kreativität und Vielfalt, mit der man an das Bierbrauen herangehen kann. Die zwar vorhandenen Alternativen zum mitunter industriell ausgedünnten alkoholischen Breitbanderfrischungsgetränk blieben hierzulande meist lokal verbreitet. Wie reichhaltig Bierkultur sein kann, erfuhr dann auch Christoph Bichler, "Head of Brewing" der Tiroler Kleinbrauerei Bierol und Dokuhauptprotagonist, in den USA.

Mit viel Gespür für Bilder, die den geneigten Seher in Richtung Schank oder Kühlschrank zu dirigieren vermögen, holt Moser Akteure vor die Kamera, die die Entwicklung des mittlerweile großen Trends abseits von "Big Beer" erörtern. Damit meinen alle die großen Braukonzerne wie Anheuser-Busch, Heineken oder Carlsberg. Bevor Moser eben auch ein Stück weit illustriert, wie sich diese Szene durchaus erfrischend als Gegenpol zur Marktkonzentration positioniert, gibt er Enthusiasten zwischen Österreich, Belgien, Italien, Deutschland, England oder den USA ausführlich Raum, ihr Handwerk und ihre Leidenschaft zu erörtern.

Das wirkt auch ohne Bierbegleitung durchaus ansteckend und anregend. Klar wird dabei jedoch auch, wie sehr sich hier nun der eher bürgerlich geprägte Geist hemmungslos auf das vormals vor allem bodenständig konnotierte Produkt "Bier" stürzt. Da wird dann mitunter recht verkopft über Geruchs- und Geschmacksnoten in Antrunk und Abgang sinniert, oder es werden die Vorzüge dieser oder jener Hopfensorte gestreift.

Ambivalenz zwischen Rebellion und Selbstverwirklichungsdrang

Die Ambivalenz zwischen Rebellion, Unabhängigkeit, Selbstverwirklichungsdrang und dem Willen zum besseren Wirtschaften auf der einen Seite sowie unverblümtem Marketing und schnödem Geschäft auf der anderen Seite wird nur stellenweise greifbar. So etwa wenn Paul Jones, Mitbegründer der hochdekorierten Cloudwater Brewery in Manchester, darüber spricht, wie sehr die Käufer auch danach trachten, die hohen "Werte" mitzukonsumieren.

Das allerdings, während gleichzeitig im Bild das gute Gebräu in den engen Angstraum fast jeder Ökobewegung - die Blechdose - abgefüllt wird. Auch Bichler und das Bierol-Team nehmen in Mosers Doku demonstrativ und ein wenig rebellisch einen herzhaften Hacker aus der Craftbier-Dose, bevor man dann auf der edlen Award-Zeremonie im ebenso edlen Wiener Palais Coburg eine ebensolche Auszeichnung entgegennimmt.

So ist "Bier!" vor allem eine Innenansicht einer Szene mit durchaus vorhandenem Hang zum Nerdigen und Elitären. Zwischentöne hält die Doku mit dem selbstbewussten Untertitel "Der beste Film, der je gebraut wurde" nur auf den zweiten Blick bereit. Wer einen filmischen Einstieg in das weiter üppig wuchernde neue Bierangebot sucht, wird allerdings randvoll bedient.

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