Ein Angriff
Denn am Palmsonntag des Jahres 1942 erfolgte ein schwerer Luftangriff der Allierten auf die Stadt - und danach dachte man nicht mehr daran, eine Torte zu essen. Zumal das Haus auch noch Bombentreffer abbekam. Herabstürzende Elemente ließen offenbar einen Teil des Erdgeschoßes des damaligen Hauses in den Keller abrutschen. Genau jenen Hausteil, in dem sich die Küche befand und wo die Feier vorbereitet worden war.
Diese stürzten allerdings so, dass sie die Torte richtiggehend abdeckten - und somit vor Zerstörung schützten. „Sie ist zwar stark verkohlt und äußerlich rußgeschwärzt“ berichtet Lisa Renn, Ausgrabungsleiterin Vorort, „doch durch die Hitze auf nur noch ein Drittel ihrer ursprünglichen Höhe zusammengeschrumpft“. Die Details und alle ihre Facetten seien aber dennoch äußerst gut erkennbar.
Moment der Zerstörung gezeigt
Für Archäologen, die anhand der Grabungen ursprünglich neue Erkenntnisse über den Bombenangriff finden wollten, ist die Tragödie des Bombenangriffs also auch ein überaus bedeutsamer Fund. Sie gilt als einziges archäologisch freigelegtes Feingebäck seiner Art in Norddeutschland. „Es hat 79 Jahre gedauert, bis diese besonderen Zeitzeugen, die auch allein durch ihre eigene Vergänglichkeit und fragile Materialität den direkten Moment der Zerstörung widerspiegeln, erneut ans Licht gekommen sind und von denen niemand wusste, dass sie überhaupt existieren“ fasst Dirk Rieger, Leiter der Archäologie, zusammen. Die Torte wird nun konserviert und dann als einzigartiges Teil der Lübecker Stadtarchäologie ausgestellt.
Und sogar, um welche Sorte es sich handelt, konnte nach fast 80 Jahren dank ermittelt werden. Einige Proben von Füllung und Glasur wurden im Labor untersucht. Sie zeigten deutlich, dass es sich um eine Nusstorte mit Krokant-Ummantelung handelt.
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