Plakat vor sowjetischem Kriegerdenkmal verbrannt: Nächtliche Mahnwache

Ein in der Nähe des sowjetischen Kriegerdenkmals am Schwarzenbergplatz aufgestelltes Großplakat der Wiener Festwochen ist am Mittwoch heruntergerissen und verbrannt worden. Laut den Festwochen ist als mutmaßlicher Täter ein russischer Staatsbürger angezeigt worden. Das Plakat, das zwei nackte Männer zeigt, wurde am Donnerstag um 17 Uhr wieder aufgestellt - anschließend gab es eine nächtliche Mahnwache.
Zwei junge Männer, eng umschlungen
"Das Plakat, eines der Hauptsujets der diesjährigen Festwochen, zeigte zwei junge Männer, eng umschlungen und in Liebe vereint auf einem Bett. Es handelt sich dabei um ein Zitat eines der vielleicht berühmtesten Bilder der Fotografiegeschichte: des Bed-in von John Lennon und Yoko Ono gegen den Vietnam-Krieg", heißt es seitens der Wiener Festwochen.

Das Großplakat der Wiener Festwochen
"Es trifft uns natürlich, dass gerade an diesem geschichtsträchtigen Ort, der an den Kampf gegen Faschismus und die Opfer von Nazi-Gewalt erinnern soll, es zu Vandalismus kommt. Doch wir beantworten diesen destruktiven und unverständlichen Akt mit friedlichem Widerstand, hängen das Plakat einfach wieder auf und übernachten vor Ort, um es zu schützen", erklärt Festwochen-Intendant Milo Rau in einem Statement.
Ruhige erste Mahnwache
Die erste nächtliche Mahnwache von Donnerstag auf Freitag sei schließlich ruhig verlaufen. Auch Intendant Milo Rau habe in einem der drei aufgebauten Zelte übernachtet, hieß es seitens des Festivals. "Es kamen einige Passanten vorbei und haben das Gespräch gesucht, alles verlief friedlich", so eine Sprecherin am Freitagmorgen gegenüber der APA.
Pro-russische Aktivisten übten Kritik am Plakat
Zuletzt hatten bekannte pro-russische Aktivisten in Wien Kritik an der Werbekampagne der Festwochen geübt: Mit "Ekelerregendes am Schwarzenbergplatz" kommentierte am Mittwoch etwa Dimitri Korenev in russischer Sprache auf Facebook ein Foto des Festwochenplakats vor dem Hintergrund des sowjetischen Kriegerdenkmals. Natallia Netschai schrieb von einem "absoluten Skandal" sowie einem "Akt grenzenloser Respektlosigkeit", dass ein solches Plakat ausgerechnet am Schwarzenbergplatz hängt. Dies sei ein Ort, der sowjetischen Soldaten gewidmet sei, die im Zweiten Weltkrieg ihr Leben für die Befreiung Österreichs gegeben haben.

Festwochen-Intendant Milo Rau nahm selbst an der nächtlichen Mahnwache teil
Russland feiert "Tag des Sieges"
Korenev und Netschai sind dabei nicht nur Administratoren einer der größten russischsprachigen Facebook-Gruppen in Österreich, mit ihrem Verein "Menschen in Resilienz" organisieren sie in engem Kontakt zur russischen Botschaft für Freitag auch eine große Veranstaltung anlässlich des 80. Jahrestags des "Tag des Sieges" am Schwarzenbergplatz selbst. In Russland wird der "Tag des Sieges" über die Truppen der Nazis traditionell groß gefeiert.

Bereits am Donnerstagnachmittag wurde ein neues Bild aufgehängt
Würden die Wiener Festwochen in Russland stattfinden, müssten ihre Organisatoren jedenfalls mit ernsthaften Konsequenzen rechnen: Im Zusammenhang mit einem vom Kreml lancierten Kampf für "traditionelle Werte" verbot der oberste Gerichtshof in Moskau 2023 eine "internationale LGBT-Bewegung" als extremistisch. Die öffentliche Demonstration von Plakaten wie jener der Festwochen würde aller Wahrscheinlichkeit nach als Extremismus strafrechtlich geahndet werden. Den Beteiligten würden in diesem Fall mehrjährige Haftstrafen drohen.
Festwochen-Intendant hat Einreiseverbot in Russland
Seit seinen "Moskauer Prozessen" 2013, dem Reenactment des Prozesses gegen Pussy Riot, hat Milo Rau Einreiseverbot in Russland. Die Mahnwache verstehe er auch als Kritik an der russischen Politik, der Invasion der Ukraine und der Unterdrückung von Kunst und Kunstfreiheit in Russland, hieß es seitens der Festwochen gegenüber der APA.
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