Wien will Pflegekräfte in Drittstaaten rekrutieren

Kaum ein Tag vergeht derzeit ohne Meldungen über dramatische Engpässe in den heimischen Spitälern. Verantwortlich dafür ist so gut wie überall Personalmangel, der seit der Pandemie vor allem die Pflegedienste betrifft.
Dies gilt auch für Wien, wo laut Berechnungen in den nächsten sieben Jahren 9.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt werden. Deshalb bereitet die Stadt jetzt neben diversen anderen Maßnahmen (wie die Verdoppelung der Ausbildungsplätze oder einen speziellen Anwerbebonus) die Übernahme von Pflegekräften aus Drittstaaten vor. Das geht aus der Beantwortung einer Anfrage der Grünen durch Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hervor, die dem KURIER vorliegt.
„Aktuell werden die Rahmenbedingungen, Möglichkeiten und Erfordernisse einer Rekrutierung aus Drittstaaten eingehend geprüft“, bestätigt er darin. Untersucht werde eine mögliche „Zusammenarbeit mit mehreren Ländern“. Zuletzt war in diesem Zusammenhang von Staaten wie Philippinen, Tunesien oder Marokko die Rede. Hacker will das auf KURIER-Nachfrage aber nicht bestätigen. Nur so viel: „Wien hat bereits in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit Pflegekräften aus unterschiedlichen Ländern gemacht. Daran wollen wir anknüpfen“, sagt der Stadtrat. „Es macht aber keinen Sinn, über Kooperationen zu sprechen, bevor die Bedingungen mit allen Beteiligten geklärt sind.“
Sprachniveau
Fix ist, dass der Bedarf alle Berufsgruppen innerhalb der Pflege betrifft. Grundsätzlich will die Stadt laut Anfragebeantwortung bereits ausgebildetes Personal rekrutieren. Dieses wird für die Antragstellung auf Nostrifikation (Anerkennung der im Ausland erworbenen Ausbildung) ein Sprachniveau auf B1 nachweisen müssen, bei Abschluss der Nostrifikation ist ein B2-Niveau erforderlich.
Darüber hinaus sind noch viele Details offen, vor allem finanzieller Natur. Etwa die Frage, wer die Kosten für Reise und Nostrifikation übernimmt, wie die Wohnversorgung sichergestellt wird und die soziale Inklusion erfolgen soll.
Dass es zu diesen Fragen noch keine Antworten gibt, missfällt den Wiener Grünen, die grundsätzlich der Anwerbung von Pflegefachkräften aus Drittstaaten offen gegenüber stehen: „Hacker soll die Geheimnistuerei beenden und der Bevölkerung sagen, was er vorhat. Transparenz und Offenheit sind gerade in der sensiblen Thematik der Pflege und Integration ganz besonders wichtig“, sagt Gesundheitssprecherin Barbara Huemer.

Barbara Huemer, Grüne
Hacker sieht in dieser Angelegenheiten jedoch auch den Bund gefordert – konkret das Arbeits- und das Sozialministerium: „Wir hoffen, dass den Ankündigungen von Minister Johannes Rauch, Nostrifikationen weiter zu vereinfachen, bald Taten folgen werden.“
Weiters wäre angesichts der Vielzahl an Angeboten von Vermittlungsagenturen auch eine zentrale Koordinationsstelle sinnvoll, um einheitliche Kriterien zu schaffen und unseriösen Angeboten einen Riegel vorzuschieben.
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