Auto-Wette: "Motivation, wieder mehr mit dem Rad zu fahren"

Auto Wette Wiener Linien
Teresa Andessner und Henrik Sulz lassen ihr Auto drei Monate stehen.

"Bei allen Angeboten anmelden war jetzt schon mühsam", gibt Teresa Andessner zu. Die 34-jährige Oberösterreicherin lebt jetzt in Währing und ist mit dem Auto schon mal gerne in den 1. Bezirk in die Anwaltskanzlei gefahren, in der sie arbeitet. 

Oder zum Beachvolleyball an der alten Donau. "Da ist es dann schon noch ein Stück von der U-Bahn zu Fuß", schildert sie und hat deshalb dafür lieber mal das Auto genommen. Auch, weil sie dann nach dem Sport um 22 Uhr bequemer und vor allem schneller wieder nach Hause kommt.

Auto: Selbstverständlich, nicht nur am Land

Das Auto - für die Oberösterreicherin, die in der Nähe von Braunau aufgewachsen ist, eine Selbstverständlichkeit. "Mit 17 hatte bei uns jeder ein Auto, ich habe natürlich auch den Führerschein gemacht und bin selbstverständlich mit dem Auto gefahren."

Dieses Mindset hat sie auch nach Wien mitgenommen. Jetzt hat sie für zumindest drei Monate - so lange dauert die Auto-Wette - ihren fast 20 Jahre alten VW Polo abgestellt. Für die Autowette der Wiener Linien. Beim Carsharing hat sie sich angemeldet, beim Grätzlrad auch. Und sie hat begonnen, wieder mehr zu Fuß zu gehen. 

"Weniger Autos machen Stadt schöner"

Der Klimawandel ist eine Motivation, die andere ist die Lebensqualität in der Stadt: "Wien wäre noch schöner ohne die vielen parkenden Autos." Das sagt auch Silvia Nossek von den Grünen. Die Bezirksvorsteherin von Währing hält das Auto "für eine nützliche Erfindung", aber wenn es 23 Stunden, wie im Durchschnitt in Wien, nur herumstehe, laufe etwas falsch. 

Auf der einen Seite wolle man mit der Aktion viele auf die Idee bringen das Auto stehen zu lassen. Auf der anderen Seite gehe es auch darum, durch die wissenschaftliche Begleitung der Auto-Wette in Erfahrung zu bringen, wo im Alltag nachgeschärft werden müsse, um eine möglichst einfache und bequeme Mobilität in Wien zu ermöglichen. 

Denn noch hakt es, vor allem an den Enden der Stadt. Das weiß Henrik Sulz nur zu gut. Der Orientierungsläufer muss zum Training oft in die grünen Randzonen von Wien. "Da ist es dann oft schwer, ohne Auto gut hinzukommen."

Manche Ziele werden schwerer erreichbar

Auch ein Wettkampf in Kärnten stellt ihn auf die Probe. "Ich muss mit Kollegen abklären, ob ich mitfahren kann." Schaffbar sind die drei Monate, ist Sulz, der übrigens auch einen VW Polo, Baujahr 2007, in einer Garage abgestellt hat. Planung ist gefragt, der Zeitaufwand ist größer. Das sei ihm schon in den ersten Tagen aufgefallen.

Was ihm in der Vorbereitung aufgefallen ist: Dass er sehr viel Zeit für die Parkplatzsuche aufgewendet hat. Denn das hat eine App in den Wochen vor dem Start der Aktion aufgezeichnet.

Länger auf Parkplatzsuche als gedacht

"Das war viel mehr, als ich gedacht habe", gibt er zu, wenngleich er überzeugt ist, dass gerade in der Zeit der Aufzeichnung die Parkplatzsuche im 18. Bezirk besonders schwer gewesen sei. 

Der Steuerberater versteht eines auch nicht: "In meinem Wohnhaus gibt es 20 Parkplätze in der Garage, aber nur zwei sind vermietet." Wohl deshalb, weil das Anrainerparken im öffentlichen Raum wesentlich günstiger ist. "Wir müssen davon wegkommen, dass wir glauben, jedem der ein Auto hat, zwölf Quadratmeter öffentlichen Grund zur Verfügung stellen zu müssen", sagt Nossek dazu. Viel mehr müsse man dorthin kommen, dass jeder möglichst bequem so mobil sein könne, wie er das wolle.

Was Andessner nun auch ob der 500-Euro-Prämie aufgefallen ist: "Ich schaue bei den Ausgaben immer sehr genau, ob das passt oder nicht. Außer beim Auto. Da ist es ganz normal, dass wir alle Kosten einfach übernehmen, keiner denkt darüber nach." 

Ob sie jetzt darüber nachdenkt, nach den drei Monaten weiterhin auf das Auto zu verzichten? Könnte sein, sagt die Juristin: "Unser Auto ist so alt, dass wir bald ein neues brauchen würden. Vielleicht entscheiden wir uns dann, keines mehr zu kaufen."

Klarheit: Die wichtigsten Begriffe

Die Wiener Linien betreiben das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt. Dazu gibt es 109 U-Bahn-Stationen und rund 880 Kilometer Buslinien. Zu Spitzenzeiten sind rund 1.000 Fahrzeuge unterwegs. Sie können gleichzeitig mehr als 260.000 Menschen transportieren. Allein in einer der 160 U-Bahn-Garnituren haben 900 Menschen Platz. 

2023 besaßen rund 1,2 Millionen Menschen eine Jahreskarte oder ein anderes Dauer-Ticket. Mit rund 8.700 Mitarbeitern sind die Wiener Linien einer der größten Arbeitgeber der Stadt Wien. 

Im Jahr 1892 wurden die ehemaligen Vororte Währing, Weinhaus, Gersthof, Pötzleinsdorf, Neustift am Walde und Salmannsdorf als Bezirk Währing eingemeindet. 1938 wurde Währing verkleinert, denn Neustift am Walde und Salmannsdorf gingen an den 19. Bezirk Döbling. Dem 18. Bezirk bleibt somit eine Fläche von 6,3 km², auf der 51.395 Personen leben. Etwa die Hälfte des Bezirks ist Gründland, wie beispielsweise der Türkenschanzpark. Nahezu die Hälfte der Währinger Gebäude wurden bereits vor 1919 errichtet. Im Norden des Bezirks gibt es Gründerzeitvillen im Cottageviertel. Bezirksvorsteherin ist Silvia Nossek (Grüne).

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