Debatte um Wiener Wein: Wie die Top-Winzer um ihre Rieden kämpfen

"Wir lassen uns unsere Weine nicht nehmen!" So drastisch formuliert Fritz Wieninger vom gleichnamigen Weingut die Sorgen, die die Top-Winzer aus der Bundeshauptstadt angesichts der Neuformulierung des Weingesetzes haben.

Fritz Wieninger vom gleichnamigen Weingut
Wobei das Gesetz den Winzern nicht den Wein, sondern die Benennung nehmen könnte. Nämlich die Benennung des Weins nach den Rieden, in denen sie wachsen. Die Rieden - also kleinräumige Anbauflächen - erhielten ihre Namen zum Teil vor über 1.000 Jahren.
"Für die Region Wien wäre das ein Drama, wenn die Rieden nicht genannt werden könnten", ist auch Rainer Christ, Obmann der Wien-Wein-Winzer überzeugt.
Konkret geht es aktuell darum, dass in Wien ausschließlich der Gemischte Satz als DAC-Wein definiert ist.

Ried Rosengartl
DAC“ steht für „Districtus Austriae Controllatus“ und ist das gesetzliche Kürzel für besonders gebietstypische österreichische Qualitätsweine, 18 davon gibt es in Österreich.
Der Name kommt vom "Aussetzen" des Weines. Gemischter Satz heißt, dass in dem jeweiligen Weingarten zumindest drei unterschiedliche Sorten gepflanzt - also ausgesetzt wurden, wie der Wiener Weinbauer sagt.
Eine Sorte davon darf maximal 50 Prozent der Weinstöcke ausmachen, der kleinste Anteil muss mindestens 10 Prozent betragen. Es dürfen auch mehr als drei Sorten sein, die schließlich gemeinsam geerntet und zu einem Wein, einem DAC, verarbeitet werden. 2013 wurde der Gemischte Satz in die Riege der DAC-Weine aufgenommen.
40 Prozent der Wiener Weine sind ein Gemischter Satz, für Thomas Huber vom Weingut Fuhrgassl-Huber stellt dieser die "Identität des Wiener Weines" dar.

Thomas Huber, Fuhrgassl-Huber
Während der Gemischte Satz nun also ein solcher DAC-Wein ist und jedenfalls die Lagebezeichnung im Namen tragen darf, droht den anderen Weinen, dass diese quasi nur mehr "aus Wien" sein dürfen.
Eine Frage der Herkunft
Denn das DAC-System regelt die Herkunftsbezeichnungen und definiert dabei drei Stufen: Gebietsweine (in diesem Fall also Wiener Wein), Ortsweine (etwa Wein aus Grinzing oder Neustift) sowie eben die Riedenweine.

Die Weine der Weingüter Edlmoser, Cobenzl, Wieninger, Mayer am Pfarrplatz, Christ, Fuhrgassl-Huber
Nur Weine mit DAC-Status dürfen zukünftig Orts- und Rieden-Bezeichnungen führen – also in Wien nur der „Wiener Gemischte Satz“. Das bedeutet, dass die Spitzenweine Wiens wie „Riesling Ried Preussen“ oder wie „Grüner Veltliner Ried Sätzen“ oder „Grüner Veltliner Ried Schenkenberg“ ab der Lese 2026 nur mehr als Gebietsweine vermarktet werden dürften. "Das wollen wir nicht", sagt auch Gerhard Lobner vom Weingut Mayer am Pfarrplatz.
Repräsentative Lagen
Und während früher die Weine "Nussberger"oder "Bisamberger" genannt wurden, werde die Lagen heutzutage über die Sorten repräsentiert. Und sind somit auch untrennbar miteinander verbunden.

Ried Preussen
In den strengen Herkunftskriterien der DAC-Regularien gelten die Rieden-Weine als oberstes Qualitätskriterium, "das schreiben wir gerne auf unsere Weine drauf", betont Christ, der für Wien "Fantasiebezeichnungen wie in der Toskana" verhindern will.

Rainer Christ, Obmann der Wein-Wien-Winzer
Die Lage sei "die Essenz eines Weinbaugebietes, dass Weine aus der Ried Preussen nur als Wiener Wein verkauft wird, kann ich mir nicht vorstellen", ergänzt Christ.
Fast 150 verschiedene Rieden
Ebenso wie die Weine aus den Rieden mit den klingenden Namen Falkenberg, Langteufel, Saetzen, Schenkenberg und Nussberg. Oder Alsegg in Hernals. Fast 150 unterschiedliche Rieden kennt der Wiener Weinbau, die meisten davon liegen in Döbling, Floridsdorf und Liesing.

Ried Langteufel
Deshalb fordern die Winzer, dass das neue DAC-System fünf weitere Rebsorten beinhalten müsse: Grüner Veltliner, Riesling, Weißburgunder, Chardonnay und Pinot Noir.
Bester Wein aus bester Lage
„Diese Rebsorten haben über Jahrzehnte hinweg in den besten Rieden unseres Weinbaugebietes herausragende Weine hervorgebracht", versichert Christ, deshalb seien diese besonders geeignet, "das Terroir Wiens in seiner ganzen Vielfalt und Ausdruckskraft zu repräsentieren“.
Was die Winzer in diesem Zuge gleich mit verankern wollen: Dass alle Weine im künftigen Wiener DAC-System entweder biologisch oder nachhaltig zertifiziert sind.
DAC soll noch mehr bio werden
40 Betriebe in Wien sind Bio-zertifiziert, sie bewirtschaften 44 Prozent der Gesamtfläche von 588 Hektar im Wiener Weinbau.

Michael Edlmoser (Weingut Edlmoser), Fritz Wieninger (Weingut Wieninger), Thomas Huber (Weingut Fuhrgassl-Huber), Rainer Christ (Weingut Christ), Gerhard J. Lobner (Weingut Mayer am Pfarrplatz), Georg Königsbauer (Weingut Cobenzl),
"Unsere Werkstatt ist die Natur", sagt Wieninger, deshalb ist er überzeugt, dass eine chemiefreie Bewirtschaftung der Weingärten eine Grundvoraussetzung für eine qualitätsvolle Zukunft des Weinbaus darstellt. Die Winzer, die noch nicht zertifiziert sind, wolle man dazu überzeugen.
Wein im Klimawandel
Apropos Zukunft: Der Klimawandel stellt die Weinbauern auch in Wien vor Herausforderungen, wenngleich die Höhenlage - die Wiener Weinberge reichen immerhin auf über 400 Meter hinauf und bringen die nötige Kühle mit - und die Donau gute Voraussetzungen mitbringen.
Aber auch in Wien werde - um diese frischen Weine weiter kredenzen zu können - die Weinlese früher erfolgen müssen.
Was auch 2024 nötig war. Denn letztlich bleibe die Frage: Wie schmeckt der Wein? Und 2024 war ein schwieriges Jahr, mit dem trockenen Winter, ausreichend Regen im Frühjahr, langer Hitze und dem massiven Regen im September. Dennoch sind den Wiener Winzern gute Weine gelungen. In fast allen Lagen.
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