Wien-Wahl: SPÖ bei "Pass Egal Wahl" weit voran, Neos bliebe Einzug verwehrt

Mehr als 35 Prozent der Wienerinnen und Wiener im Wahlalter verfügen über keine österreichische Staatsbürgerschaft - und damit auch über kein Wahlrecht. Die Organisation "SOS Mitmensch" organisierte deshalb, wie auch schon bei den Wahlen zuvor, eine symbolische Wahl, bei der auch Personen ohne österreichische Staatsbürgerschaft ihre Stimme abgeben konnten.
Und das Ergebnis ist eindeutig: Wie schon bei der vergangenen "Wiener Pass Egal Wahl" im Jahr 2020 liegt konnte die SPÖ auch dieses Jahr wieder mit Abstand die meisten Stimmen einholen. Mit 47,7 Prozent liegen sie deutlich vor den Grünen, die von 19,3 Prozent der Menschen gewählt wurden. Das Stockerl komplettierte die KPÖ, die mit 14,3 Prozent Platz 3 erreichte. Danach folgte die FPÖ mit 8,1 Prozent vor der ÖVP, die nur 5,2 Prozent erreichte. Neos (4,7 Prozent) und das Team HC Strache (0,7 Prozent) würden, wenn es nach der "Pass Egal Wahl" gehen würde, nicht in den Gemeinderat einziehen.
SOS Mitmensch betonte in einer Aussendung, dass das Ergebnis der "Wiener Pass Egal Wahl" nicht repräsentativ für alle Wienerinnen und Wiener ohne österreichische Staatsbürgerschaft sei. Das Wahlergebnis stehe aber für das "politische Stimmungsbild" jener Menschen, die von der "Demokratie-Aktion erfahren haben und aktiv ein Zeichen für eine inklusive Demokratie setzen wollten", so die Menschenrechtsorganisation. Die Wahl wurde an über 40 Standorten abgehalten, darunter Schulen und sogar einige Würstelstände.
Rekordteilnahme: Beteiligung seit 2020 vervierfacht
Die Menschenrechtsorganisation konnte auch einen neuen Beteiligungsrekord verzeichnen. 9.797 Menschen im Wahlalter hätten von dem symbolischen Wahlrecht Gebrauch gemacht, darunter mehr als 5.700 Schülerinnen und Schüler aus über 30 teilnehmenden Schulen. Mehr als die Hälfte der teilnehmen Personen, nämlich 5.634, besitze die österreichische Staatsbürgerschaft. Sie hätten ihre Stimme jedoch aus Solidarität mit den Menschen, denen dies bei der Gemeinderatswahl nicht möglich sei, abgegeben.
Klarheit: Die wichtigsten Begriffe
Die Grünen stehen für die Grüne Alternative. Gegründet wurde die Partei 1986 als Zusammenschluss der konservativen Vereinten Grünen Österreichs (VGÖ) und der progressiveren Alternativen Liste Österreichs (ALÖ). Parteifarbe ist Grün. Ihre Wurzeln hat die Partei in der Widerstandsbewegung der 1980er-Jahre gegen das Kraftwerk in Hainburg und das Atomkraftwerk in Zwentendorf. Politisch stehen die Grünen links außen. Sie treten für Ökologie, den Schutz von Minderheiten und für Migration ein. In Wien waren die Grünen von 2010 bis 2020 Koalitionspartner der SPÖ, Spitzenkandidatin bei der Wahl ist Judith Pühringer.
SPÖ steht für Sozialdemokratische Partei Österreichs. Gegründet wurde sie 1889 in Hainfeld (NÖ) als Sozialdemokratische Arbeiterpartei, ihre Wurzeln liegen in der Arbeiterbewegung. Die Parteifarbe ist Rot.
In Österreich zählt die SPÖ zu den sogenannten linken Parteien; im Grundsatzprogramm von 1998 bekennt sie sich zu den Werten Freiheit, Gleichheit, Gerechtigkeit, Solidarität und Vollbeschäftigung. Säulen der Partei sind auch die Vertreter aus Arbeiterkammer (AK) und Gewerkschaftsbund (ÖGB). Seit 1945 stellt die Wiener SPÖ durchgehend den Bürgermeister – aktuell ist das Michael Ludwig.
KPÖ steht für Kommunistische Partei Österreichs. Sie wurde 1918 gegründet, die Parteifarbe ist Rot. Im politischen Spektrum ist die Partei links außen angesiedelt, da sie nach dem Vorbild des Kommunismus eine „klassenlosen Gesellschaft“ anstrebt. Eines der Hauptthemen ist leistbares Wohnen. Die KPÖ wird von Historikern immer wieder kritisiert, weil sie die dunkle Vergangenheit der kommunistischen Regime in Osteuropa mit Millionen Toten nicht aufgearbeitet habe. Bei der Wien-Wahl tritt die KPÖ gemeinsam mit der Partei LINKS an, Spitzenkandidatin ist Barbara Urbanic.
FPÖ steht für Freiheitliche Partei Österreichs. Gegründet wurde sie 1955 in Wien als Nachfolgepartei des Verbands der Unabhängigen (VdU), in dem sich damals auch viele ehemaligen Nationalsozialisten befanden. Die Parteifarbe ist Blau. Die FPÖ ist heute eine rechtspopulistische und EU-skeptische Partei, die seit Jahrzehnten die Migration nach Österreich bekämpft. Die Wiener FPÖ war in der Bundeshauptstadt bisher noch nicht in Regierungsverantwortung, Parteichef ist derzeit Dominik Nepp.
ÖVP steht für Österreichische Volkspartei. Gegründet wurde sie 1945 in Wien als Nachfolgepartei der Christlichsozialen Partei. Die Parteifarbe der ÖVP ist Türkis (das frühere Schwarz wird aber auch noch verwendet). Sie vertritt das bürgerliche, konservative Spektrum und gilt traditionell als der Wirtschaft, den Bauern und der römisch-katholischen Kirche nahestehend – sie wird daher als Mitte-rechts-Partei eingeordnet. Von 1996 bis 2001 war die Wiener ÖVP Teil der Stadtregierung, stellte bisher aber nie den Bürgermeister. Parteichef in Wien ist aktuell Karl Mahrer.
Heinz-Christian Strache (Jahrgang 1969) war Bundesparteichef der FPÖ und als solcher auch Vizekanzler. Nach der Ibiza-Affäre verkündete er am 18. Mai 2019 seinen Rücktritt, im folgenden Dezember wurde er von der Partei ausgeschlossen. Bei der Wienwahl 2020 versuchte er mit der neu gegründeten Partei Team HC ein Polit-Comeback, schaffte den Einzug in den Wiener Landtag aber nicht, da er an der 5-Prozent-Hürde scheiterte. Auch 2025 tritt er als Spitzenkandidat an.
Die Partei NEOS steht für das Neue Österreich. Gegründet wurde sie 2012, die Parteifarbe ist Pink. NEOS gilt als eher (links-)liberale Partei der Mitte, sie vertritt hauptsächlich ein modernes, urbanes, unabhängiges Bürgertum. Wichtige Themen der NEOS sind Bildung und Transparenz. In Wien schaffte die Partei nach der Wahl 2020 den Sprung in die Stadtregierung, NEOS-Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr wechselte vor Kurzem allerdings als Bildungsminister in die Bundesregierung. Spitzenkandidatin am 27. April ist daher Selma Arapovic.
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