Am Abend stand nach einer mehrstündigen Präsidiumssitzung fest: Markus Figl, Bezirksvorsteher der Inneren Stadt, wird ihm als Obmann nachfolgen. Die alleinige Macht in der Partei hat er aber nicht: Daniel Resch, Bezirkschef in Döbling, soll mit der SPÖ über eine Beteiligung der ÖVP in der Stadtregierung verhandeln – und wäre, falls das Kalkül aufgeht, als Stadtrat oder Vizebürgermeister gesetzt.
Salomonische Lösung?
Was nach einer salomonischen Lösung klingt, hatte die Partei zuvor schwer erschüttert und eine Kampfabstimmung im Präsidium zur Folge, die mit einem 12-zu-12-Patt endete, bevor man einen Kompromiss fand. Mehrere Stunden versuchte man, sich auf einen Parteichef zu einigen - es wollte aber niemand von seiner Meinung abrücken, so verhärtet waren die Fronten.
Was war passiert?
Figl wurde von der Landespartei und Mahrer zu Mittag noch vor der anberaumten Sitzung des Parteipräsidiums als fixer Nachfolger kolportiert. Das sahen einige hochrangige Funktionäre als „Affront“ .
Denn eigentlich wurde seit Wochen ein anderer Bezirkspolitiker als Nachfolger ins Treffen geführt: eben Daniel Resch. Sein mächtigster Unterstützer ist der streitbare Wiener Wirtschaftskammerpräsident Walter Ruck.
Der Döblinger Resch hat generell viele Unterstützer im Wirtschaftsbund, was im Wahlkampf ersichtlich wurde. Während die Wirtschaftsbündler für Mahrer gar nicht in Erscheinung traten und sich im lautstarken Schweigen übten, machten sie für Resch Wahlwerbung und gaben öffentlich persönliche Erklärungen ab.
Dass Ruck ein gutes Verhältnis zu SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig hat, ist bei alldem nicht unerheblich. Vor allem, wenn es um die ÖVP-Beteiligung in der künftigen Stadtregierung geht. Diese sei mit Figl ausgeschlossen, hieß es am Montag. Resch habe als Protegé von Ruck viel bessere Chancen.
Resch ist Chefverhandler
Nun soll eben Resch gemeinsam mit Ruck (und Figl) die Sondierungsgespräche mit der SPÖ führen. Auch das wurde im Parteipräsidium abgesegnet. Figl kommt die Rolle des Parteisanierer zu.
"Es ist das beste von beiden Welten", hieß es mit leicht zynischem Unterton von einem Insider nach den Verhandlungen zum KURIER. Nachsatz: "Und wir waren einfach alle schon sehr müde."
Dass es überhaupt zum Kampf kam, hat nicht zuletzt mit der umstrittenen Rolle Rucks in der Partei zu tun. Vielen tritt der Wirtschaftsbund-Chef – der sich nicht nur mit Mahrer, sondern auch mit dessen Vorgänger Gernot Blümel anlegte – zu offensiv auf.
Für Ärger sorgt zudem, dass Ruck schon einen Nachfolger für das Amt des Bezirkschefs in Döbling im Auge hat, falls Resch tatsächlich in die Stadtregierung wechselt. Der Name: Alexander Ruck, nicht rein zufällig Sohn von Walter Ruck.
Bundespartei mischt mit
Für Ärger im Wirtschaftsbund sorgte auch, dass Figl nicht nur von Mahrer favorisiert wurde, sondern auch von der Bundespartei. Insbesondere Generalsekretär Nico Marchetti, der selbst in der ÖVP Favoriten sozialisiert ist , soll recht umtriebig für Figl Stimmung gemacht haben.
Figl kann auch auf Unterstützung anderer Teilorganisationen hoffen, allen voran der Jungen Volkspartei (JVP), dessen Chef Harald Zierfuß als möglicher neuer Klubobmann im Raum steht – und der wiederum sein derzeitiges JVP-Amt von Marchetti übernommen hat. Der bisherige Klubobmann, Markus Wölbitsch, hat vor der Wahl die Reißleine gezogen, verzichtete aber darauf, Schmutzwäsche zu waschen. Er wolle sich um den Familienbetrieb kümmern, sagte er damals.
Der ÖAAB mit Hannes Taborsky an der Spitze kann auch dem Figl-Lager zugerechnet werden. Figl entstammt selbst dem ÖAAB. Unklar ist die Rolle von Seniorenbund-Chefin Ingrid Korosec. An sich ist sie Figl zugetan, dürfte aber über die Vorgehensweise bei Figls Nominierung irritiert gewesen sein. Wer Korosec kennt, weiß: Sie lässt sich nicht gerne etwas vorschreiben.
Was passiert mit Peter Sverak?
Wer steckt hinter der Nominierung Figls? Mastermind dürfte Mahrer-Intimus Peter Sverak sein, der sich als Landesgeschäftsführer mit der Wahlkampagne zuletzt nicht nur Freunde machte. Wie es für ihn weitergeht, ist unklar: Sverak selbst wäre aber jedenfalls bereit, seinen Job weiterhin auszuüben, sagt er zum KURIER.
Wofür stehen Figl und Resch inhaltlich? Figl – er ist der Großneffe des einstigen Kanzlers – gilt als ideologisch versierter. Er ist Vertreter der bürgerlichen und christlich-sozialen Werte der Partei. Als Bezirkschef wurde er als Befürworter der autofreien Innenstadt bekannt.
Resch trat in Döbling in große Fußstapfen. Er übernahm als Bezirkschef vor einigen Jahren von Urgestein Adi Tiller und gilt als leutseliger. Gemein ist beiden eines: Sie warben bei der Wahl auf Plakaten nicht mit der Farbe Türkis – sondern in Gelb.
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