Schlechtes Zeugnis für Wiederkehr: Wiener Grüne ziehen Bilanz

Anlässlich des Wechsels von Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (Neos) in den Bund, haben sich die Wiener Grünen zu einer "Notenkonferenz" zusammengetan. Am Mittwoch wurde nun das "Abschlusszeugnis" an den neuen Bildungsminister ausgestellt.
Und das fiel nicht sonderlich gut aus: "Wir haben uns angesehen, welche Maßnahmen umgesetzt wurden und welche eben nicht", sagte Grünen-Chefin Judith Pühringer bei einem Medientermin am Mittwoch. Von sechs Kategorien bewerteten die Grünen - gemäß der Leistungsbeurteilung - jeweils drei mit "Genügend" (Aufgaben in den wesentlichen Bereichen überwiegend erfüllt) und drei mit "Nicht genügend".
Wiederkehr hinterlasse eine "handfeste Bildungskrise" in der Bundeshauptstadt, so Pühringer weiter.
Selbsterklärtes Lieblingsthema
Dennoch wünsche man Wiederkehr alles Gute für das neue Amt, betonte Pühringer.
Die Bilanz Wiederkehrs in Wien beurteilte Bildungssprecherin Julia Malle (Grüne) trotzdem kritisch: "Die Neos sind bei ihrem selbsterklärten Lieblingsthema Bildung aus unserer Sicht völlig blass geblieben." Ein Kind, das heute in Wien in die Schule gehe, habe nicht mehr Chancen als vor fünf Jahren, zeigte sie sich überzeugt.
Wofür es schlechte Noten gibt
Schlechte Noten gab es laut den Grünen für Elementarbildung und Deutschförderung. So sei der Personalmangel in Kindergärten nahezu unverändert - allein in städtischen Kindergärten fehlen rund 700 Pädagoginnen und Pädagogen. Kindergartengruppen seien zudem nach wie vor zu groß. Zwar seien die Assistenzstunden aufgestockt worden, in der Praxis sei das aber kaum spürbar, so Malle.
Auch in Sachen Deutschförderung sieht man Aufholbedarf: Bildungssprecher Felix Stadler betonte abermals, dass in den ersten Klassen der Volksschulen bereits die Hälfte der Kinder als außerordentliche Schülerinnen und Schüler geführt werden, weil sie nicht gut genug Deutsch sprechen.
Leer ausgegangen
Einst seien von Wiederkehr 500 Sprachförderkräfte versprochen worden, derzeit gebe es aber lediglich 313, kritisiert Stadler. Rund 70 Standorte seien gar leer ausgegangen und hätten keine Sprachförderkraft - nicht einmal stundenweise - bekommen. Die anderen würden oft von Standort zu Standort springen.
Ein "Nicht genügend" gab es außerdem in Punkto "Inklusion". Mehr als 800 Kinder mit Behinderungen und Beeinträchtigungen würden nach wie vor auf einen Kindergartenplatz warten. Angekündigt wurde hingegen eine Verbesserung des Angebots unter den Neos, konstatierten die Grünen weiter.
Weiters gibt es für die Schulsozialarbeit und für den Lehrermangel ein "Genügend": Die Zahl der Schulsozialarbeiter sei zu gering, der Mangel an Lehrerinnen und Lehrern bestehe weiter. Dass es Gratis-Tickets für Schulausflüge gibt, wurde für gut befunden, ebenso wie die Attraktivierungsbemühungen mit dem Jobticket, wo es beispielsweise eine gratis Jahreskarte für die Wiener Linien gibt.
In Sachen "Innovation" gebe es Initiativen, wie die "Wiener Bildungschancen", die in die richtige Richtung gehen. Die "Wiener Bildungsversprechen" gelten derzeit aber nur für 37 von 470 Pflichtschulen - deshalb nur ein "Genügend", erklärten die Grünen.
In der verbalen Beurteilung durch Pühringer schneidet Wiederkehr als "bemüht" ab. Das Fazit: Grundkenntnisse seien vorhanden, die Gesamtleistung weise aber Mängel auf. Für die künftigen Vorhaben im Bund sehe Pühringer "gute Überschriften im Programm", wie etwa ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr.
Nach Wiederkehrs Wechsel in die Bundesregierung übernimmt nun die bisherige pinke Klubchefin Bettina Emmerling als Bildungsstadträtin und Vizebürgermeisterin.
Kommentare