Wien, eine Stadt voller Theatermacher

Claus Peymann, ehemaliger Burgtheaterdirektor in Wien.
Über eine kleine Erinnerung an Claus Peymann und die große Liebe der Wiener zum Theater.
Johanna Kreid

Johanna Kreid

Das Schöne am Leben in Wien? Dazu gehören auch die zufälligen Begegnungen, die sich zuweilen auf der Straße zutragen.

Wir schrieben circa das Jahr 2010, als Ihre Kolumnistin unterwegs ins Burgtheater, aber spät dran war. Um wertvolle Sekunden aufzuholen, lag die Idee nahe, den Ring abseits der ewig roten Fußgängerampel auf eigene Faust zu überqueren.

Wohl ebenfalls der Zeitnot geschuldet, kam auch ein Zweiter auf diese Idee. Plötzlich stand da Claus Peymann, der lachte und sagte: „Junge Frau, können Sie mich sicher über die Straße bringen?“

Gemeinsam schlängelte man sich also zwischen Motorhauben und Kofferräumen über die Fahrbahn. Peymann kam sicher auf der anderen Straßenseite an (Ehrenwort!) und war rechtzeitig zu Vorstellungsbeginn im Saal.

Die Erinnerung an das Stück ist längst verblasst – die an die kleine Begegnung mit Peymann beim Lesen zahlreicher Nachrufe wieder erwacht.

Eine Legende

Denn auch das ist das Schöne am Leben in Wien: Die große Liebe der Wiener zum Theater. Wer hier einmal Burgtheaterdirektor war, hat schon zu Lebzeiten die Chance, zur Legende zu werden. Peymann hat das eindrücklich bewiesen.

Fast logisch erscheint aus diesem Blickwinkel die Vorliebe der Wiener, um vieles erst einmal ein großes Theater zu machen. Wo sonst hat eine Uraufführung jemals zu so großer Aufregung geführt, dass sogar eine Fuhre Mist in die Innenstadt gekarrt und abgeladen wurde?

Groß war übrigens auch das anfängliche Misstrauen vieler Wiener gegenüber dem „Piefke“ Peymann – den sie aber schließlich doch noch lieben lernten, wie es Kollege Wolfgang Kralicek in seinem Nachruf so treffend formulierte.

Denn auch das ist das Schöne am Leben in Wien: Vieles, über das wir uns hier anfangs heftig ereifern, ist am Ende doch gar nicht so ernst. Sondern, wie im Theater, oft nur gespielt.

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