Wien wird jungen Menschen zu teuer
Junge Frau geht die Ottakringer Straße entlang
Jetzt schlägt die Arbeiterkammer in Wien Alarm. Sie hat in einer Detailauswertung der Wiener Lebensqualitätsstudie einen genauen Blick auf die jungen Wienerinnen und Wiener gerichtet. Immerhin leben 418.000 Menschen in der Hauptstadt, die zwischen 16 und 30 Jahre alt sind.
Zwei Drittel davon sind bereits von zu Hause ausgezogen, sagen die Daten der Arbeiterkammer. Und jenen, die bereits ausgezogen sind, fällt es immer schwerer, mit ihrem Einkommen auszukommen.
35 Prozent der jungen Wienerinnen und Wiener leben mit den Eltern.
Die Arbeiterkammer hat diese Langzeitstudie – die zuletzt 2023 durchgeführt wurde –, mit aktuellen demografischen Entwicklungen, den Arbeitsmarktzahlen und dem Wohnungsmarkt verknüpft. Die Studienautorinnen Ilkim Erdost (Arbeiterkammer) und Martina Zandonella (Institut Foresight) sind alarmiert: „Immer weniger junge Wienerinnen und Wiener können von ihrem Einkommen gut leben.“
Junge Arbeitslose
Das sei auf mehrere Faktoren zurückzuführen, etwa auf eine gestiegene Arbeitslosigkeit unter den jungen Menschen. So waren im Oktober dieses Jahres 54.000 junge Menschen arbeitslos, in Schulungen oder auf Lehrstellensuche.
Neun Prozent der jungen Menschen sind arbeitslos.
Darüber hinaus finden sich gerade jungen Menschen nach den aktuellen Daten der Statistik Austria von heuer in prekären Arbeitsverhältnissen. 42 Prozent arbeiten in Teilzeit, 22 Prozent sind in befristeten Dienstverhältnissen, allerdings zum Teil – als Nebenjob – durchaus gewollt. Dennoch ist die Zahl hoch: 16- bis 30-Jährige sind vier Mal so oft in befristeten Jobs als der Durchschnitt.
Finanzen als Hemmschuh
Was die Langzeitstudie als Ergebnis unter anderem dieser Faktoren deutlich zeigt: Junge Menschen tun sich immer schwerer mit den Finanzen. Dabei ist die Zufriedenheit noch zu Beginn dieses Jahrhunderts, von 2003 auf 2008, gestiegen. 2003 konnten 33 Prozent „gut von ihrem Einkommen leben“, 2008 gaben das sogar noch 40 Prozent an.
Für 32 Prozent der jungen Menschen reicht das Einkommen nur knapp oder nicht mehr aus.
Dieser Anteil ist bis 2023 auf 27 Prozent gesunken. Selbstredend, dass der Anteil jener jungen Wienerinnen und Wiener gestiegen ist, bei denen das Einkommen nicht oder nur knapp ausreicht. Und zwar von 21 Prozent im Jahr 2023 auf 32 Prozent zum Zeitpunkt der Befragung im Jahr 2023.
Wohnen als Faktor
Eine große Rolle spielt in diesem Zusammenhang auch das Wohnen. Zwar leben 35 Prozent der jungen Menschen in Wien noch bei ihren Eltern, aber bei jenen, die alleine, mit einem Partner, Kindern oder in Wohngemeinschaften leben, schlagen die Wohnkosten immer stärker durch.
Das vor allem deshalb, weil bereits fast 50 Prozent nach dem Auszug aus der elterlichen Wohnung in privater Hausmiete leben. Und diese Mieten sind empfindlich gestiegen.
14 statt 8,50 Euro pro Quadratmeter
Laut der vorliegenden Studie von 8,50 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2008 auf fast 14 Euro pro Quadratmeter im Jahr 2024. „Aktuell kostet auf dem privaten Wohnungsmarkt eine 70-Quadratmeter-Wohnung in Wien um 250 Euro mehr als eine geförderte Wohnung in der gleichen Größe“, rechnen die Studienautorinnen vor.
Im Gegenzug dazu sei allerdings die Zufriedenheit mit der Wohnsituation bei den jungen Wienerinnen und Wienern gesunken, wissen Erdost und Zandonella. Wohnten 2008 noch 15 Prozent in befristeten Mietverhältnissen, waren das 2023 schon 36 Prozent. Besonders hoch ist der Anteil der Befristungen bei Wohngemeinschaften, jungen Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft und jungen Paaren.
Die Vorschläge
Erdost verweist in diesem Zusammenhang auch darauf, dass der Spardruck groß sei, im Bund und auch in Wien. Gerade deshalb müsse darauf geachtet werden, nicht bei den jungen Menschen zu sparen.
Deshalb fordert die AK verbesserte Arbeitsbedingungen für junge Menschen in ihren Jobs sowie Maßnahmen, damit befristete Mietverträge auch bei jungen Menschen nur die Ausnahme sind. Wichtig sei auch, dass junge Menschen schneller zu geförderten Wohnungen kommen.
Um allen in Wien lebenden jungen Menschen Teilhabe zu ermöglichen, stelle auch der leichtere Zugang zu Staatsbürgerschaft und Wahlrecht einen wichtigen Aspekt dar, das Leben junger Menschen – immerhin 44 Prozent sind Ausländer – besser zu gestalten.
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