Wien-Paris-Mailand: Die Diebe der Lüfte im Duty-Free-Shop

In der Theorie ist es das perfekte Verbrechen: Sie flüchten beinahe mit Schallgeschwindigkeit, Ländergrenzen lassen sie so innerhalb weniger Minuten hinter sich.
Die Rede ist von Dieben, die sich auf Flughäfen von Wien bis Barcelona spezialisiert haben. „Wir hatten einen Fall, da hat eine Bande in sechs Wochen 26 Flüge absolviert. Von Bukarest ging es unter anderem nach Brüssel, Wien oder Treviso. Überall ließen sie was mitgehen“, erzählt ein Ermittler, der in Wien-Schwechat hautnah mit diesen Tätergruppen zu tun hat.
Das dürfte sich rechnen, denn wirklich billig ist der Einkauf in Duty-Free-Shops nicht. Geflogen wird mit den Diskontern, bei denen es Tickets im zweistelligen Eurobereich gibt. Die Beute beträgt in manchen Fällen bis zu 5.000 Euro. „Da gibt es welche, die sind mit 19 Flaschen Chanel-Parfum unterwegs“, so der Kriminalist, der aufgrund laufender Ermittlungen anonym bleiben möchte.
Diebesrouten
Natürlich gebe es auch die kleinen Fische, die für den Privatbedarf ein Fläschchen einstecken, ohne zu bezahlen. Die Profis hingegen dürften sich regelrechte Diebesrouten zurechtlegen. „Die machen nur kurze Zwischenstopps, um die Ware zu verkaufen oder per Post nachhause zu schicken“, erklärt der Polizist. Das Ziel seien fast immer hochpreisige Düfte oder Sonnenbrillen.
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Das Phänomen ist laut Exekutive nicht neu. Es sei allerdings ein leichter Anstieg bei der Masche zu erkennen – vor allem, da die Visa-Freiheit für die EU erweitert wurde. Außerdem würden manche Täter nur zwischenlanden und so den Transitbereich nie verlassen. Seitens Flughafen Wien wird relativiert: Durch mehr Passagiere könnten natürlich gewisse Delikte steigen, in Relation seien die Diebstähle jedoch rückläufig.
Konkret kam es allein am Wiener Flughafen in den vergangenen eineinhalb Jahren zu rund 300 derartiger Diebstähle – das Problem existiert aber über die Landesgrenzen hinweg. „Vier Flughäfen in wenigen Tagen sind für diese Gruppierungen keine Ausnahme. Duty-Free-Shops gibt es überall“, kommentiert der Ermittler den „Jetsetter-Lifestyle“ der Diebe trocken.
Rasche Aufklärung
Ein Flughafen-Sprecher betont jedoch, dass die Fälle durch gute internationale Zusammenarbeit in der Regel rasch aufgeklärt werden. Aus kriminalistischer Sicht wird diese Einschätzung bestätigt: Täter, die gewerbsmäßig unterwegs sind, würden in der Regel auf Überwachungsmaterial identifiziert und auf einem der nächsten Flughäfen herausgefischt werden.
Sie auf frischer Tat zu ertappen, sei aber nicht immer einfach. Zwar sind auf Flughäfen Securities unterwegs, viele der großen Duty-Free-Shops verfügen aber über mehrere Ein- und Ausgänge.
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Auch wenn das Verkaufspersonal regelmäßig Diebe erwischt, würden flächendeckende Sicherheitschecks den Passagierverkehr zu sehr ausbremsen. Zudem finden innerhalb des Schengenraums keine Grenzkontrollen statt, kontrolliert wird in diesem Bereich nur sporadisch.
Genaue Angaben zur Täterherkunft lassen sich nicht machen, diese dürften aus zahlreichen unterschiedlichen Nationen stammen. Ganz unabhängig von der Nationalität ist die Kreativität unter den „fliegenden Dieben“ jedenfalls groß.
Diebesgut in fremden Koffern
Aus Polizeikreisen erfährt man, dass es am Wiener Flughafen schon eine Gruppe gab, die sich Tickets um 50 Euro kaufte, um dann mit der Beute direkt wieder rauszumarschieren. Andere stahlen nicht nur Parfums, sondern davor noch den Koffer eines Passagiers, um darin das Diebesgut zu transportieren.
Aber egal wie kreativ die Kriminellen sind: Sobald es Videoaufnahmen der Taten gibt, was auf Flughäfen nur eine Frage der Zeit ist, enden die Diebestouren in aller Regel rasch. Nicht selten direkt nach der Landung und manchmal sogar noch vor dem Abflug – es ist eben nur ein fast perfektes Verbrechen.
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