Wien: Bankangestellter wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt

LANDESGERICHT FÜR STRAFSACHEN WIEN
Der Fall flog auf, weil der 47-Jährige den Kontakt zu Identitären-Sprecher Martin Sellner suchte.

Ein 47-Jähriger Tiroler stand am Donnerstag wegen Verstößen gegen das Verbotsgesetz vor Gericht. Bereits mit ihren einleitenden Worten machte die Staatsanwältin den Ernst der Lage deutlich, indem sie einen Überblick über die Gräueltaten der Nazis gab. Aus diesem Grund sei das Strafausmaß mit bis zu zehn Jahren auch entsprechend hoch.

Konkret wurde dem Bankangestellten, der mittlerweile in der Wiener Innenstadt wohnt, nationalsozialistische Wiederbetätigung im Zeitraum von 2017 bis 2019 vorgeworfen. Der bis dahin unbescholtene Mann hatte sich in diesem Zeitraum mehrere Tattoos stechen lassen, mit denen er seine seine rechtsextreme Gesinnung am eigenen Körper zur Schau stellte.

So ließ er sich etwa im Halsbereich in nordischer Runenschrift den Schriftzug „Blut - Ehre - Treue“ tätowieren, am linken Ellenbogen trug er eine schwarze Sonne, die in Neonazi-Kreisen das Hakenkreuz ersetzt, und am linken Bizeps schien ein Keltenkreuz auf. Sein Anwalt, Werner Tomanek, sprach von einer "Lebenskrise". Der Angeklagte selbst meinte, er könne sich diese Entscheidung heute nicht mehr erklären.

Wien: Bankangestellter wegen NS-Wiederbetätigung verurteilt

Verteidiger Werner Tomanek

Für den Vorsitzenden des Schwurgerichts, Ulrich Nachtlberger, stand vor allem die Frage im Vordergrund, ob der Mann die Tätowierungen auch zur Schau stellte. Der Tiroler verneinte das. Vor seinen Eltern habe er die Tattoos mit langärmeliger Kleidung versteckt, "weil die gegen Tattoos sind". Im Bekanntenkreis wäre die Bedeutung der Zeichen nie thematisiert worden.

Laut Anklageschrift habe er die Symbole aber durchaus propagandistisch eingesetzt - etwa im Fitnessstudio. Der Mann hatte sich auch eine NS-Devotionaliensammlung - darunter eine Hitler-Büste und mehrere Porträts von Adolf Hitler - zugelegt.

„Ich weiß auch nicht warum“, gab er dazu zu Protokoll. Er habe sich während der Flüchtlingsbewegung von 2015 „eingelesen“ und sei dann „immer weiter in diese Ideologie eingetaucht“. Im Internet habe er dann Gleichgesinnte kennengelernt, die ihm die "Sammlerstücke" verkauften. Er habe diese aber nie hergezeigt, „sie waren versperrt“.

E-Mail an Martin Sellner als Auslöser

Dass seine Gesinnung überhaupt bekannt wurde, ist auf eine E-Mail an den Identitären Martin Sellner zurückzuführen. Dieser stand bekanntlich mit dem Christchurch-Attentäter in Kontakt. Beim Durchforsten von Sellners Postfach entdeckten Verfassungsschützer auch ein Mail des angeklagten Bankangestellten.

Dieser wollte ihm helfen, nachdem die Bank das Konto des Rechtsextremen gekündigt hatte. Sellner ging zwar nie auf das Angebot ein, doch der 47-jährige Tiroler war nun ebenfalls im Blickfeld der Ermittler.

Bei einer Hausdurchsuchung landete der Verfassungsschutz dann einen "Zufallsfund", wie Verteidiger Tomanek es nannte. Der Richter wollte wissen, wozu der Mann die unzähligen mit Hakenkreuz ausgestatteten Gegenstände sammelte, wenn er sie niemandem zeigte: „Geldanlage war das auch nicht für Sie?“

Auch hier verneinte der Tiroler. Die Frage, warum er sich Karten für rechtsextreme Konzerte kaufte, konnte er ebenso wenig beantworten. Lediglich ein "das gehörte eben dazu" fiel ihm dazu ein.

Zwei Jahre bedingt

Der Vorwurf der Anklagebehörde, der 49-Jährige habe sich mit den Zielen des Nationalsozialismus identifiziert und damit auch die Verfolgung Homosexueller begrüßt, sei verfehlt, betonte Tomanek. Der Bankangestellte lebe nämlich seit über 25 Jahren in einer Partnerschaft mit einem Mann.

Der Lebensgefährte des 49-Jährigen hatte diesen auch zur Verhandlung begleitet und nahm als Zuhörer an der Hauptverhandlung teil - dieser wollte übrigens nie etwas mit der NS-Verherrlichung seines Partners zu tun haben. Die verbotenen Tattoos lässt sich der Banker übrigens seit mittlerweile einem Jahr entfernen. „Die wahre Strafe verbüßt er schon“, meinte der Verteidiger dazu, „das ist teuer und tut irrsinnig weh“.

Das Schwurgericht sah das wohl etwas anders: Der Mann wurde zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe bekam der bisher Unbescholtene unter Setzung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehen. Das Urteil ist bereits rechtskräftig.

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