Wien wollte nicht zuhören: Ausstellung am Schwendermarkt zerstört

Erst vor einer Woche wurde die Ausstellung „Oida Wien. Hör zu“ am Schwendermarkt in Rudolfsheim-Fünfhaus feierlich eröffnet.
Ein Projekt, das Stimmen, die zu selten gehört werden, Raum geben sollte. Nur sieben Tage später wurden aber genau jene Stimmen zum Schweigen gebracht: Denn das multimediale Street-Art-Projekt wurde zerstört.
Missverständnis?
„Zuerst gingen wir von einem Missverständnis aus“, sagt Kuratorin Nora Mayr zum KURIER. Nun seien sie sich aber sicher: Offizielle Stellen wie das zuständige Marktamt der Stadt sind nicht für die Entfernung bzw. Zerstörung verantwortlich.
Auf den Wänden des Marktes hingen großformatige Porträts und Collagen von Aktivistinnen und Aktivisten, Künstlerinnen, Nachbarn, Menschen aus unterschiedlichen Lebensrealitäten. Handgeschriebene Texte und QR-Codes mit Sprachnachrichten und Illustrationen von Illustratorin Esma Bošnjaković – auch bekannt als „Strudelworte“ – rundeten die Ausstellung ab. Gefördert wurde das Kunstprojekt von KÖR (Kunst im öffentlichen Raum), dem Kulturministerium und dem Bezirk. Nun ist davon aber nichts mehr zu sehen: „Es ist, als wäre nie etwas dort gewesen“, so Mayr.

Von der Kunstausstellung ist heute nichts mehr zu sehen.
Spuren hinterlassen
„Jemand hat sich Zeit genommen. Nicht, um zuzuhören, sondern, um zum Schweigen zu bringen“, lautet das Statement von Esma Bošnjaković und Asma Aiad, die Künstlerinnen hinter der Ausstellung.
Die Kunstwerke sollten eine Einladung sein, Menschen nicht nur zu sehen, sondern ihnen wirklich zuzuhören, heißt es. Sie sollten Fragen stellen, was die Geschichten hinter den Gesichtern Wiens sind. „Kunst im öffentlichen Raum ist verletzlich. Aber gerade darin liegt ihre Kraft. Sie kann verschwinden und trotzdem nachhallen.“ So hinterlasse jedes abgerissene Plakat seine Spuren. Der Vorfall zeige, wie wichtig solche Ausstellungen seien.
God’s Entertainment: D, E, M, O, K, R, A, T, I und E.
Wo:
Otto Wagner Areal
Baumgartner Höhe 11140 Wien
> Entlang des Aufgangs zur Gedenkstätte Am Steinhof
Karte
Wann:
25.09. – 23.10.2025
ganztägig zugänglich
Resselpark
1040 Wien> Bei U-Bahn Ausgang Karlsplatz Richtung TU WienKart
Michikazu Matsune: Favourite Songs of Favoriten
Wo:
Stand 129, Viktor-Adler Markt
1100 Wien
Karte
Wann:
Sa, 11.10. 2025, 14.00 – 19.00
Mo, 13.10. 2025, 11.00 – 16.00
Di, 14.10. 2025, 11.00 – 16.00
Mi, 15.10. 2025, 11.00 – 16.00
Do, 16.10. 2025, 11.00 – 16.00
Fr, 17.10. 2025, 11.00 – 14.00
Sa, 18.10. 2025, 11.00 – 19.00
Musik-Walk: Bitte Mobiltelefon mit Internetverbindung & Kopfhörer mitnehmen.
Mehr Infos finden sie hier.
„Es fällt uns schwer, zu glauben, dass das alles nur ein Zufall war“, so Aiad zum KURIER. Die Künstlerinnen wollen Anzeige erstatten. Vermutungen, wer die Täter sein könnten, gibt es nicht.
Künstlerinnen machen weiter
Entmutigen lassen möchte sie sich von den Vandalen allerdings nicht: „Es gibt Überlegungen, die Werke wieder anzubringen“, bestätigen Mayr und Aiad auf Nachfrage. Gleichzeitig sei der Vorfall ein Anreiz, um ein klares Zeichen zu setzen, so Aiad dazu. „Es würde sich deshalb auch anbieten, weitere Fragen zu stellen oder Statements am Schwendermarkt zu zeigen“, so Aiad.
Derzeit werden verschiedene Optionen zu einer Reinstallation oder einem neuen Projekt geprüft, ebenso wie die Finanzierung.
Wichtige Botschaften
Bis dahin können Interessierte aber die beiden weiteren Teile der Reihe „Wir Hier“, zu der auch „Oida Wien. Hör zu“ gehörte, im Resselpark, am Otto-Wagner-Areal und am Viktor-Adler Markt erleben. „Es ist schade, dass solche Projekte meist dann Aufmerksamkeit bekommen, wenn so etwas passiert“, sagte Aiad. Gerade die Reihe „Wir Hier“ transportiere wichtige Botschaften: „Viele Menschen, die marginalisiert werden, werden erst als Opfer oder Täter gehört.“ Umso wichtiger sei es deshalb, sich mit Projekten wie diesen auseinanderzusetzen.
Stimmungsbarometer
„In den letzten Jahren haben wir eine steigende Tendenz zum Vandalismus, nicht nur in der Kunst, beobachtet“, so Cornelia Offergeld, künstlerische Leiterin des KÖR. Kunst diene oft als Blitzableiter: „Davon kann man die Stimmung der Gesellschaft ablesen“, sagt Offergeld weiter.
Auch für Mayr ist der Vandalismus ein Stimmungsbarometer der Gesellschaft: „Es zeigt, welche Kunst bestehen bleiben darf und welche nicht.“ Nicht jede Kunst im öffentlichen Raum müsse für gut befunden werden, aber die Projekte zu zerstören, sei keine Antwort.
Der Vorfall am Schwendermarkt ist gewiss kein Einzelfall: Im November 2024 etwa wurde eine Ausstellung entlang des Burgrings zum Thema häusliche Gewalt wiederholt Opfer von Vandalismus (der KURIER berichtete). Auch das KÖR-Projekt „Neue Sterne für den Prater“ wurde immer wieder verunstaltet.
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