Ein Besuch in Wiens ältester Weihnachtsbäckerei

Ein Besuch in Wiens ältester Weihnachtsbäckerei
In Robert Kammerers Lebkuchenmanufaktur wandern jährlich Tausende Kekse über das Blech. Vor Weihnachten ist Hochsaison.

Die Vorweihnachtszeit ist stressig. Für alle. Besonders aber in der Weihnachtsbäckerei. Dort, wo täglich Lebkuchen über das Blech wandern, ist jetzt Hochsaison. Schon um sechs Uhr morgens wird in der „Karl Kammerer Lebkuchen-, Dauerback- und Schokoladenwaren-Erzeugung“ deshalb mit der Arbeit begonnen.

Von außen verrät das unscheinbare Gebäude im 20. Bezirk aber nichts von all dem. Nichts von den Schlüsseln, die Türen zum Waffelraum oder zum Schaumraum öffnen. Nichts von der langen Geschichte der ältesten und letzten Lebkuchenmanufaktur Wiens.

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Ein Besuch in Wiens ältester Weihnachtsbäckerei

Robert Kammerer führt die Manufaktur in dritter Generation

Zuständig dafür ist Robert Kammerer. Er leitet die Firma in dritter Generation, nachdem sein Großvater in den 30er-Jahren von Niederösterreich nach Wien gekommen ist. Auch Robert Kammerers Eltern waren hier tätig. „Bis zu ihrem Tod haben sie geholfen.“

Lebkuchen in über 300 Formen

Wer hierherkommt, der bleibt. Das kann auch Katka Felberbauer bezeugen. Seit 51 Jahren arbeitet sie für die Kammerers. Auch jetzt in der Pension hilft sie aus: „Wenn Robert mich ruft, dann komme ich.“ Früher war sie hauptsächlich Verziererin. Jetzt hilft sie, wo Hilfe gebraucht wird.

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Katka Felberbauer hilft derzeit vor allem in der Backstube

Aktuell vor allem in der Backstube. Während ihr Kollege Domonji Zlatko den Teig ausrollt und die Kekse aussticht, legt Felberbauer die Teiglinge auf dem Blech aus.

Seit 51 Jahren arbeitet Katka Felberbauer in der Manufaktur. In der Pension hilft sie, wo sie kann. Aktuell in der Backstube bei Domonji Zlatko
Seit 51 Jahren arbeitet Katka Felberbauer in der Manufaktur. In der Pension hilft sie, wo sie kann. Aktuell in der Backstube bei Domonji Zlatko

In über 300 Formen gibt es die Lebkuchen. Produziert werden die Ausstecher direkt im Haus: „Früher haben wir die Formen bei einem Blechbieger bestellt. Jetzt drucken wir sie mit dem 3-D-Drucker“, sagt Kammerer. Auch im Auftrag von Kunden werden Ausstecher gedruckt. „Da kommen dann die interessantesten Sachen heraus.“

Lebkuchen in Form einer Ultraschallsonde

Einmal habe eine Firma Lebkuchen in Form einer Ultraschallsonde bestellt. Das Ergebnis: Etwas zwischen einem Pilz und einem Penis. Nur in Silber.

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Triebmittel und Gewürze werden in den Vorteig gemischt

Die Form ist aber bekanntlich nicht alles. Auf die inneren Werte kommt es an – vor allem bei Lebkuchen. „Wir sind im Vergleich sowieso schon relativ teuer. Dann muss auch von der Qualität her alles passen“, sagt Kammerer. Dazu gehören nicht nur das richtige Mehl und die besten Gewürze.

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In über 300 Formen gibt es die Lebkuchen

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Statt Rindergelatine soll es künftig eine vegane Alternative geben, der Honig soll im nächsten Jahr auf Bio umgestellt werden. Und nicht zu vergessen: die Farben.

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Eine Farbe nach der anderen bringt Kristina Balazsyova an

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Schließlich sollen die Verzierungen, die die neue Verziererin Kristina Balazsyova mit flinker Hand anbringt, nicht abbrechen. Lebkuchen sind 18 Monate haltbar deklariert, sagt Kammerer. „Zur Not muss die Verzierung auch mehrere Monate in der Sonne oder nachdem der Lebkuchen auf den Boden gefallen ist, halten.“ Verzichten will Kammerer auf Bio-Farben aber trotzdem nicht: Kürbisfleischpulver und rote Rüben sind deshalb derzeit in der Testphase.

Pannen mit dem Ofen

Verkauft werden die Produkte unter anderem am Christkindlmarkt am Rathausplatz. Immer wieder sind die Kammerers auf Märkten unterwegs. Und zwar mit Erfolg: „Beim Oktoberfest haben es die Lebkuchen nicht vom Auto zum Stand geschafft. Die Leute haben uns die Sachen aus den Händen gerissen“, erzählt eine Mitarbeiterin. Kein Wunder also, dass heuer allein in Herzform 40.000 Lebkuchen gebacken wurden.

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Die Spuren des alten Ofens sind noch auf dem Boden zu sehen

Zum Back-Stress kommt dazu, dass sich der alte Ofen, ein Ölbrenner, im Vorjahr mit einer Explosion verabschiedet hat. „Mit viel Glück ist niemand verletzt worden“, sagt Kammerer. Die Pannen aber sind mit dem neuen Elektroofen weiter gegangen: Schon im September hätte er ankommen sollen, bei der Lieferung ist der Ofen aber vom Stapler gefallen, sagt Kammerer. „Er musste neu gebaut werden und ist erst vor zwei Wochen angekommen.“ Weshalb mit dem Ofen derzeit noch experimentiert werde: Eine Pizza, die Robert Kammerer als Versuch gebacken hat, ist nichts geworden.

Die ersten Lebkuchen aber haben gut funktioniert. Zum Glück. Immerhin ist jetzt Hochsaison. Noch bis 20. Dezember, dann geht die Backstube auf Urlaub.

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