ÖBB-Tunnelmisere nahe Wien: Wie aus 5 Minuten 5 Stunden wurden

Keine Spur von Panik war bei den rund 400 Passagieren eines ICE der Deutschen Bahn zu erkennen, als der Zug am Samstag um 13.30 Uhr plötzlich im Tunnel Hadersdorf knapp hinter der Wiener Stadtgrenze zum Stehen kam. Umgehend erfolgte die Durchsage der ÖBB: „Aufgrund einer technischen Störung kommt es zu einem fünf- bis zehnminütigen Aufenthalt“, schildert Passagier Bernd F., der von seinem Sitzplatz den fußläufig erreichbaren Notausstieg erkennen konnte – kein Grund zur Sorge also.
Dass der 58-Jährige erst mehr als fünf Stunden später die Oberfläche erreichen sollte, war nicht absehbar. Es folgte nämlich, wie berichtet, eine regelrechte Tortur, die darin gipfelte, dass der beschädigte ICE nicht abgeschleppt und der Ersatzzug nicht starten konnte. Die letzten Fahrgäste verließen den zu diesem Zeitpunkt aufgrund übervoller Toiletten und nicht funktionierender Klimatisierung stickigen Ersatzzug erst gegen 20 Uhr – durch besagten Notausstieg.

Vom Tunnel in die Freiheit waren es eigentlich nur wenige Minuten Fußweg. Dennoch saßen Hunderte Passagiere stundenlang fest.
Ein Umstand, den Melanie F., die ihre Familie in Linz besuchen wollte, auch drei Tage nach dem Vorfall nicht verstehen kann: „Noch vor Eintreffen des Ersatzzuges fragte ein Fahrgast das Bordpersonal, warum Gäste nicht via Notausgang evakuiert werden.“ Die Antwort des Schaffners: „Dann stehen Sie mitten in der Prärie.“ Es sollte sich allerdings herausstellen, dass sich der gestrandete Zug fast direkt unter der Schnellbahnstation Hadersdorf befand, von wo viele Wiener die kurze Heimreise antraten. Bei den ÖBB gesteht man mittlerweile ein, dass an diesem Tag vieles nicht optimal gelaufen ist.
Computerpanne
Dem laut Augenzeugen spärlich vorhandenen Zugpersonal will von den KURIER bekannten Betroffenen niemand einen Vorwurf machen – dieses sei selbst nicht gut informiert gewesen. Der Zugbetreiber betonte noch am Samstag, es sei ausreichend Personal vor Ort gewesen. „Um die Versorgung haben sich aber in erster Linie eine Pfadfindergruppe im Zug mit Wasser und die Feuerwehr gekümmert“, erinnert sich die 38-jährige Melanie F.
Ein Hoppala dürfte es dann auch noch bei der Rückerstattung der Ticketpreise gegeben haben. Passagier Bernd F. machte sich am Montag auf zum Kundenservice am Hauptbahnhof. Zu holen gab es dort nichts, es hatte sich bereits eine Menschentraube vor dem Büro gebildet. Der Grund: eine Computerpanne.
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