Wie ein Wiener zu einem der bekanntesten Saftproduzenten Österreichs wurde

Das Kühlregal war lange Zeit die Welt von Gerhard Höllinger. Dann führten interne Umstrukturierungen in einer Molkerei vor mehr als 27 Jahren dazu, dass der heute 64-Jährige gekündigt wurde.
„Ich hatte dort einen Traumjob. Wäre das nicht passiert, wäre ich wohl immer noch im selben Molkereikonzern tätig“, sagt Höllinger. Als Produktmanager war er einst für die „weiße Palette“, also Milch, Joghurt und Schlagobers, zuständig.
Bunter Neuanfang
Heute ist seine Palette um einiges bunter: Er gründete nach seiner Kündigung sein eigenes Unternehmen. Höllinger produziert seitdem mit seiner gleichnamigen Firma Bio-Fruchtsäfte, die er bis auf die Seychellen verkauft. Möglich wurde das mithilfe der Unterstützung des Wiener Arbeitnehmer*innen Förderungsfonds, kurz: waff.
Seit mittlerweile 30 Jahren greift der waff Wienerinnen und Wienern rund um Job und Ausbildung unter die Arme. Die arbeitsmarktpolitische Einrichtung der Stadt Wien ist Träger von Arbeitsstiftungen und bietet kostenlose Beratung sowie finanzielle Unterstützung für die berufliche Aus- und Weiterbildung an. „Gerade in Zeiten des Wandels am Arbeitsmarkt ist es entscheidend, dass Arbeitnehmer aktiv gestärkt werden. Sie haben das Recht auf berufliche Verwirklichung und faire Chancen“, sagt Marko Miloradović, Geschäftsführer des waff. Seit der Gründung wurden etwa 1,4 Milliarden Euro, in die Aus- und Weiterbildung von fast 700.000 Personen investiert.
Gerhard Höllinger war einer davon: „Der waff war für mich eine echte Unterstützung.“ Im Zuge einer Arbeitsstiftung landete er nach seiner Kündigung beim waff. Dort erhielt er Hilfe, um sein eigenes Unternehmen zu gründen.
Falls Sie vom waff in den Anfangsjahren (1995 bis 2010) bei Ihrer beruflichen Weiterentwicklung unterstützt wurden, freut sich
die Institution Ihre Geschichte zu hören: kommunikation@waff.at
Zurück ins Kühlregal
Seine Idee führte ihn abermals zum Kühlregal. „Dort sind zu der Zeit direkt gepresste Säfte aus Italien aufgetaucht, in Sorten wie Grapefruit oder Orange.“ Was Höllinger fehlte, war ein heimisches Produkt. „So kam ich darauf, auch den Apfelsaft dort unterzubringen“, sagt er zum KURIER.
Daraufhin habe er sein Unternehmenskonzept auch beim waff präsentiert. Bis der Direktsaft es schließlich in die Regale schaffte, dauerte es aber noch: „Ich habe eine Ausbildung im Keymanagement erhalten, die mir für meine Selbstständigkeit noch gefehlt hat“, so Höllinger. Unter anderem habe er gelernt, Daten für den Handelseinkauf griffig zu machen. Auch die Kurskosten wurden laut Höllinger vom waff übernommen.
Zusätzlich habe ihn das Arbeitslosengeld, das er während seiner Zeit der Unternehmensentstehung beim waff bekommen habe, sehr entlastet. „Damit soll der Druck von den Menschen genommen werden“, erklärt waff-Sprecher Johann Baumgartner. Doch nicht nur Menschen, die Teil einer Arbeitsstiftung sind, können von der Institution profitieren: Alle Wienerinnen und Wiener haben die Möglichkeit, berufliche Aus- und Weiterbildungen mit bis zu 50 Prozent der Kurskosten oder maximal 500 Euro vom waff fördern zu lassen.
Anfänge
Der waff wurde im Juni 1995 gegründet und hilft seitdem Wienerinnen und Wienern beim beruflichen Weiterkommen.
Rund 9 von 10 der waff-Kundschaft hätte ohne finanzielle Förderung des waff keine berufliche Aus- und Weiterbildung absolvieren, also etwa keinen Lehrabschluss nachholen können.
1,4 Milliarden Eurowurden in die beruflichen Förderungen der Wiener und Wienerinnen investiert.
Das Angebot
inkludiert unter anderem:
- Kostenlose Beratung und Geld für berufliche Aus- und Weiterbildung.
- Der waff ist Träger von Arbeitsstiftungen: Betroffene Arbeitnehmer erhalten bis zu drei Jahre lang Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten mit Arbeitslosengeldbezug .
- „Job Plus Ausbildung“ verbindet die kostenlose Ausbildung und eine fixe Jobzusage in Bereichen wie Pflege, Technik oder IT.
- Bessere Unterstützung für Frauen (und Männer) in Karenz: Frauen (und Männer) in Karenz werden beim Wiedereinstieg in den Beruf unterstützt, einerseits durch umfassende kostenlose Beratung und andererseits finanziert der waff die Aus- und Weiterbildung mit bis zu 90% der Kurskosten bis zu 4.000 Euro.
- Unterstützung bei berufsbegleitendem Studieren gibt es in den Bereichen Digitalisierung, Nachhaltigkeit und Technik mit Beratung und Stipendium.
- Klima-Lehrausbildungsinitiative ist eine Initiative zur Förderung von Lehrlingen in klimarelevanten Berufen.
- Die Joboffensive 50plus unterstützt Unternehmen, die ältere Arbeitskräfte einstellen.
Das ganze Angebot finden Sie auf der Website.
Kein Ende in Sicht
Innerhalb eines Jahres präsentierte Höllinger seine Fortschritte und führte Gespräche mit Unternehmensberatern, die ihn beim Gründungsprozess unterstützen sollten.
Mittlerweile zählt die Marke Höllinger zu einer der bekanntesten österreichischen Getränkemarken. „Anfangs war es eine Herausforderung, weil es im Land eine hohe Handelskonzentration gibt, sprich: Die Marktanteile werden von wenigen großen Unternehmen gehalten“, sagt der 64-Jährige über die Anfänge. „Jeden Fehler, den man machen kann, habe ich mit Sicherheit gemacht, aber auch berichtigt.“
Ans Aufhören denkt Gerhard Höllinger übrigens noch lange nicht: „Ich habe noch viel vor.“ Weiter ausbauen möchte er unter anderem zuckerfreie Produkte ohne Süßstoffe oder alkoholfreie Alternativen wie Limoncello. Die Kündigung vor rund drei Jahrzehnten war also alles andere als ein Karriereknick.
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