Wie ein Wiener zu einem der bekanntesten Saftproduzenten Österreichs wurde

Hoellinger_ am 05.10.2021
Der waff wird 30. Der Saftproduzent Gerhard Höllinger erzählt, wie ihm der Fonds einst bei der Firmengründung geholfen hat.

Das Kühlregal war lange Zeit die Welt von Gerhard Höllinger. Dann führten interne Umstrukturierungen in einer Molkerei vor mehr als 27 Jahren dazu, dass der heute 64-Jährige gekündigt wurde.

„Ich hatte dort einen Traumjob. Wäre das nicht passiert, wäre ich wohl immer noch im selben Molkereikonzern tätig“, sagt Höllinger. Als Produktmanager war er einst für die „weiße Palette“, also Milch, Joghurt und Schlagobers, zuständig.

Bunter Neuanfang

Heute ist seine Palette um einiges bunter: Er gründete nach seiner Kündigung sein eigenes Unternehmen. Höllinger produziert seitdem mit seiner gleichnamigen Firma Bio-Fruchtsäfte, die er bis auf die Seychellen verkauft. Möglich wurde das mithilfe der Unterstützung des Wiener Arbeitnehmer*innen Förderungsfonds, kurz: waff.

Seit mittlerweile 30 Jahren greift der waff Wienerinnen und Wienern rund um Job und Ausbildung unter die Arme. Die arbeitsmarktpolitische Einrichtung der Stadt Wien ist Träger von Arbeitsstiftungen und bietet kostenlose Beratung sowie finanzielle Unterstützung für die berufliche Aus- und Weiterbildung an. „Gerade in Zeiten des Wandels am Arbeitsmarkt ist es entscheidend, dass Arbeitnehmer aktiv gestärkt werden. Sie haben das Recht auf berufliche Verwirklichung und faire Chancen“, sagt Marko Miloradović, Geschäftsführer des waff. Seit der Gründung wurden etwa 1,4 Milliarden Euro, in die Aus- und Weiterbildung von fast 700.000 Personen investiert.

Gerhard Höllinger war einer davon: „Der waff war für mich eine echte Unterstützung.“ Im Zuge einer Arbeitsstiftung landete er nach seiner Kündigung beim waff. Dort erhielt er Hilfe, um sein eigenes Unternehmen zu gründen.

Zurück ins Kühlregal

Seine Idee führte ihn abermals zum Kühlregal. „Dort sind zu der Zeit direkt gepresste Säfte aus Italien aufgetaucht, in Sorten wie Grapefruit oder Orange.“ Was Höllinger fehlte, war ein heimisches Produkt. „So kam ich darauf, auch den Apfelsaft dort unterzubringen“, sagt er zum KURIER.

Daraufhin habe er sein Unternehmenskonzept auch beim waff präsentiert. Bis der Direktsaft es schließlich in die Regale schaffte, dauerte es aber noch: „Ich habe eine Ausbildung im Keymanagement erhalten, die mir für meine Selbstständigkeit noch gefehlt hat“, so Höllinger. Unter anderem habe er gelernt, Daten für den Handelseinkauf griffig zu machen. Auch die Kurskosten wurden laut Höllinger vom waff übernommen.

Zusätzlich habe ihn das Arbeitslosengeld, das er während seiner Zeit der Unternehmensentstehung beim waff bekommen habe, sehr entlastet. „Damit soll der Druck von den Menschen genommen werden“, erklärt waff-Sprecher Johann Baumgartner. Doch nicht nur Menschen, die Teil einer Arbeitsstiftung sind, können von der Institution profitieren: Alle Wienerinnen und Wiener haben die Möglichkeit, berufliche Aus- und Weiterbildungen mit bis zu 50 Prozent der Kurskosten oder maximal 500 Euro vom waff fördern zu lassen.

Kein Ende in Sicht

Innerhalb eines Jahres präsentierte Höllinger seine Fortschritte und führte Gespräche mit Unternehmensberatern, die ihn beim Gründungsprozess unterstützen sollten.

Mittlerweile zählt die Marke Höllinger zu einer der bekanntesten österreichischen Getränkemarken. „Anfangs war es eine Herausforderung, weil es im Land eine hohe Handelskonzentration gibt, sprich: Die Marktanteile werden von wenigen großen Unternehmen gehalten“, sagt der 64-Jährige über die Anfänge. „Jeden Fehler, den man machen kann, habe ich mit Sicherheit gemacht, aber auch berichtigt.“

Ans Aufhören denkt Gerhard Höllinger übrigens noch lange nicht: „Ich habe noch viel vor.“ Weiter ausbauen möchte er unter anderem zuckerfreie Produkte ohne Süßstoffe oder alkoholfreie Alternativen wie Limoncello. Die Kündigung vor rund drei Jahrzehnten war also alles andere als ein Karriereknick.

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