Verkehrsberuhigte City: Wo Wien sich Beispiele nehmen kann

Parken in Wien
In manchen Städten gibt es schon seit Jahrzehnten automatisierte Zufahrtskontrollen.

Der erste Schritt ist getan. Der Entwurf zur Novelle der Straßenverkehrsordnung (StVO) wurde vergangene Woche präsentiert und ist mittlerweile in Begutachtung. Die Freude in Wien war groß. Endlich – so hieß es – sei der rechtliche Rahmen in Reichweite, der die verkehrsberuhigte Innenstadt ermögliche.

Andere europäische Städte sind schließlich schon deutlich weiter, wie sich auch auf einem vom Verkehrsclub Österreich (VCÖ) organisierten Fachvortrag zu dem Thema zeigte. In London etwa gibt es bereits seit über 20 Jahren automatisierte Zufahrtskontrollen und eine City-Maut. Reduzieren wollte man damals, im Jahr 2003, vor allem die Luftverschmutzung, so Shirley Rodrigues, Londons ehemalige Umweltstadträtin. Seitdem ist der Kfz-Verkehr an Werktagen um 18 Prozent gesunken. Mittlerweile ist fast ganz Greater London, also die gesamte Region, eine „Ultra-Low-Emission-Zone“. Heißt: Fahrzeuge mit schlechten Abgaswerten müssen eine zusätzliche Gebühr bezahlen. Die verschiedenen Emissionen sind dadurch um bis zu 29 Prozent zurückgegangen, so Rodrigues.

Kritik wahrnehmen

Oslo war sogar noch deutlich früher dran: 1990 wurde eine City-Maut eingeführt, 2019 wurde die Mautzone auf das Umland von Norwegens Hauptstadt ausgedehnt. Die CO2-Emissionen im Verkehr seien gegenüber dem Jahr 2018 um 20 Prozent gesunken, und die Mauteinnahmen gehen laut Angaben eines Sprechers des Mautbetreibers zu 98 Prozent in Ausbau und Verbesserung des öffentlichen Verkehrs sowie der Infrastruktur. Das sei wichtig, so der Sprecher. Denn: Damit das System angenommen werde, müsse man die Beschwerden der Bevölkerung ernst nehmen und genau darlegen, wofür die Mautgebühren verwendet werden.

Dass es schwer war, die Bürgerinnen und Bürger von der Verkehrsberuhigung zu überzeugen, berichtet auch Ivan Moroder von der Gemeinde Bozen. In der Hauptstadt Südtirols gibt es seit 2014 eine kameraüberwachte Zufahrtsbeschränkung – ähnlich dem Modell, das Wien sich wünscht. 25 Info-Veranstaltungen habe es vor der Einführung gegeben. Mittlerweile sei das System etabliert – und dennoch: „Wir haben täglich zwei bis drei Klagen gegen das Kontrollsystem. Weil die rechtliche Lage aber einwandfrei ist, ist das kein Problem“, sagt Moroder.

601.000 Euro habe man 2014 in die Errichtung investiert, weitere 200.000 im Jahr 2024 zur Erneuerung. An Strafen hebe man jährlich 1,3 Millionen Euro an, die Hälfte davon von Touristen. Kontrolliert wird das System in Bozen von der Stadtpolizei.

Großes Pilotprojekt

Wie Gestaltung und Umsetzung einer ähnlichen Zufahrtskontrolle für die Wiener Innenstadt aussehen könnte, ist im Detail noch nicht ausgearbeitet. Erste Planungen gehen in die Richtung, dass die Zufahrt für 30 Minuten möglich sein soll, ansonsten benötige man eine Ausnahmebewilligung. Wer letztere bekommen soll, müsse die Politik entscheiden. Jedenfalls erwartet sich die Stadt durch die Verkehrsberuhigung eine Reduktion der Fahrten um 30 Prozent. „Der erste Bezirk wird unser großes Pilotprojekt“, sagt Markus Raab, Leiter der MA 46 (Verkehrsorganisation). „Anschließend werden wir sehen, ob wir noch andere Bezirkszentren angehen.“

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