Trends in der Faschingszeit: Heuer wollen alle Wednesday Addams sein

Trends in der Faschingszeit: Heuer wollen alle Wednesday Addams sein
Nach der Pandemie kommt Fasching auch bei den Jungen wieder in Mode. Ein Lokalaugenschein im Wiener Kostümgeschäft "Ed. Witte".

Von Anna Perazzolo, Marlena Schilling (Text) und Jeff Mangione (Fotos)

Die Raumanzüge stehen im Dunkeln. Nur durch das Schaufenster fällt ein wenig Licht auf sie. Das Geschäft dahinter ist noch geschlossen, vor der Tür warten allerdings schon die ersten Kunden. Pünktlich um 10 Uhr wird die kleine Tür aufgeschlossen und das Gewusel inmitten von bunten Perücken und verschiedensten Accessoires geht los.

Im Kostümgeschäft „Ed. Witte“ auf der Linken Wienzeile ist Hochsaison. „Vor allem Faschingssamstag und Rosenmontag sind recht stressige Tage mit vielen Besuchern“ , sagt Geschäftsführer Günther Haas, der inmitten der Kleiderstangen mit den bunten Gewändern schon fast verschwindet. So kurz vor Fasching bräuchten noch viele Menschen Kostüme für die bevorstehenden Festlichkeiten.

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Seit 160 Jahren gibt es das "Ed. Witte" in Wien

Diesen Trubel macht Haas persönlich heuer allerdings zum ersten Mal mit. Erst im Jänner hat er gemeinsam mit einem Partner das Traditionsgeschäft in Mariahilf übernommen.

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Witte-Geschäftsführer Günther Haas

Ganz fremd war ihm der Wirbel rund um Fasching davor aber auch nicht: Vor der Übernahme des Geschäfts hat Haas bei den Kinderfreunden gearbeitet, eine gewisse Affinität zum Verkleiden müsse man auch dort mitbringen, sagt er.

Zurück zur Tradition

Aus der Familie Witte stammen aber weder Günther Haas noch sein Geschäftspartner. „Die Familie ist schon lange nicht mehr im Besitz des Geschäftes“, sagt Haas. Sie selbst haben den Laden durch den Kontakt zu den Vorbesitzern übernommen. Ganz ohne die ehemalige Chefin laufe das Geschäft aber noch nicht: „Für sie ist das ein Herzensprojekt. Sie kommt auch jetzt noch hin und wieder ins Geschäft und unterstützt uns“, sagt Haas.

Aber zurück in den Laden: Kurz nach dem Aufsperren wird es im Geschäft zusehends eng. Ein Herr sucht eine rote Perücke, ein junger Mann mit Skateboard eine Maske. Die zwei Verkäufer flitzen von einem Ort zum anderen und suchen im riesigen Fundus nach den richtigen Größen.

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Perücken gibt es in dem Geschäft in allen Formen und Farben

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Nachdem die Pandemie den Fasching zwei Jahre lang so gut wie unterbunden hat, ist die Erleichterung groß, heuer wieder normal arbeiten zu können. Zwar könne man das erst nach dem Faschingsdienstag genau sagen, es könnte aber schon sein, dass heuer ein besonders starkes Jahr wird, sagt Haas. Der Grund dafür sei ganz simpel: „Die Leute wollen einfach wieder zusammen feiern und die Faschingstradition scheint wieder wichtiger zu werden.“

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Fasching sei früher ein wichtiges Fest gewesen. „Irgendwann ist er aber aus der Mode gekommen und man hat Fasching den Kindern und Senioren überlassen“, sagt Haas. Jetzt aber komme er langsam wieder in Mode: „Immer mehr junge Menschen interessieren sich wieder fürs Verkleiden.“

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Ganz ähnlich sieht man das auch in der Wiener Wirtschaftskammer: „Die Narrenzeit bekommt immer mehr Eventcharakter“, sagt Margarete Gumprecht, Obfrau der Sparte Handel. Und obwohl Wien keine traditionelle Faschingshochburg ist, werde an den Kostümen nicht gespart: „Nach oben sind von den Kosten her keine Grenzen gesetzt, ein klassisches Faschingskostüm gibt es aber bereits ab 30 Euro im Fachhandel zu kaufen“, sagt Gumprecht. Geschätzt geben die Wienerinnen und Wiener rund 50 bis 70 Euro für ein Kostüm aus, weiß Witte-Geschäftsführer Haas.

160 Jahre Fasching

Gefeiert wird bei „Ed. Witte“ derzeit aber nicht nur der Fasching. Das im Jahr 1863 gegründete Geschäft begeht heuer nämlich ein rundes Jubiläum. Seit 160 Jahren werden unter diesem Namen in Wien bereits Kostüme verkauft. Und seit 100 Jahren hier, in der Linken Wienzeile 16.

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Von den obersten Regalen starren die Masken auf die Besucher

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Spurlos vorbeigegangen ist diese Zeit an den Räumlichkeiten nicht. Dem dunklen Geschäft mit dem schmalen Gang und den zahllosen Ausstellungsobjekten wohnt ein Vintage-Touch inne. Erinnerungen an die Vergangenheit werden automatisch geweckt. Gleichzeitig ist ein gewisser Grusel-Faktor kaum zu leugnen: Die Perückenpuppen, Tierkopf-Masken und Killer-Clowns starren einen von den obersten Holzregalen an. Von überall sind Augen auf einen gerichtet. Aber kein Wunder: Halloween hat sich im vergangenen Jahrzehnt zur zweiten Hochsaison für die Kostümgeschäfte entwickelt, sagt Haas.

Addams-Kostüm

Und damit hat im „Ed. Witte“ auch die Moderne Einzug gehalten. Vor allem die Kostümtrends orientieren sich am Zeitgeist. Heuer besonders stark nachgefragt sind Wednesday-Addams-Kostüme – inspiriert von der aktuellen Netflix-Serie.

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Wednesday Addams aus der Netflix-Serie

Sogar das kleine Mädchen, das mit ihrer Mutter nach einem passenden Kostüm sucht, erkennt die Hauptfigur der Serie sofort. Eine Verkleidung, die heuer die Massen begeistert: „Wir haben schon im Jänner vermehrt Anfragen für Wednesday-Kostüme erhalten und haben dann versucht, sie zu bestellen“, sagt Haas. Nur eine einzige Lieferung habe aber nicht gereicht. Im letzten Moment habe Haas das Kostüm noch einmal nachbestellen müssen.

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Wednesday-Addams-Kostüme sind heuer besonders gefragt. Tieroutfits dagegen sind echte Klassiker

Film und Fernsehen

Dass das Internet sowie Film und Fernsehen Trends setzen und beeinflussen, sei an sich nichts Neues. Man denke etwa an die Superhelden, wie Superman oder Spiderman, aber auch an Figuren aus Star Wars. Schon seit Jahren sind diese Kostüme nicht aus der Branche wegzudenken. „Ob sich auch Wednesday langfristig hält, wird sich aber erst zeigen“, sagt Haas. Im nächsten Jahr werde das Kostüm aber mit Sicherheit wieder angeboten.

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Klassiker wie Clowns, Zauberer, Piraten, Hippies und Krankenschwestern wird es dann ebenfalls noch geben. Und auch Paar-Outfits erfreuen sich ungebrochener Beliebtheit. Etwa Bonnie und Clyde oder Speck und Spiegelei.

Und was ist mit den Raumanzügen im Schaufenster? „Einen Trend in diese Richtung gibt es nicht. Aber vielleicht spaziert jemand vorbei, der sich genau dafür interessiert“, sagt Haas.

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