Tram-Weltmeister: Österreich fuhr den Sieg ein

„Willkommen zum Event des Jahres“, begrüßt eine junge Frau ihre Bekanntschaft bei der Ringstraße. An ihnen vorbei zieht die Tram mit der Aufschrift „Melbourne“. Dabei handelt es sich am Samstag aber um keine der üblichen internationalen Verwechslungen von Australien und Austria, sondern um einen Teilnehmer der ersten Bim-Weltmeisterschaft.
25 Teams aus aller Welt, von Hongkong bis Casablanca kämpften dabei in Wien um den Titel. Einen „Heimvorteil“ hatten dabei die Österreicher, denn gefahren wurde mit den Bims der Wiener Linien.
Königsdisziplinen des Straßenbahnfahrens wie Zielbremsen, Rückwärtsfahren oder Tram-Bowling mussten gemeistert werden. Bei Letzterem wird eine überdimensionierte Kugel mit der Tram angestoßen, um möglichst viele Kegel umzuwerfen. „Wir werden gleich sehen, wie sich die Erfinder des Bowlings schlagen“, ertönt es aus den Lautsprechern während Team San Diego, USA in den Startlöchern steht. Die Wettkampfrunde können die amerikanischen Tram-Bowler aber nicht für sich entscheiden.

Das Siegerteam: Florijan Isaku und Elisabeth Urbanitsch.
„Wir wollen gewinnen“
Bereits in der ersten Runde sichern sich die Wiener den dritten Platz hinter Polen und Norwegen. Für die Wiener Linien kämpfen Florijan Isaku (35) und Elisabeth Urbanitsch (48) um den Titel. „Die Anspannung ist weg, im zweiten Durchgang werden wir nachlegen“, sagte Urbanitsch zum KURIER. „Wir wollen gewinnen“, ergänzt Isaku.
Unterstützt wird das Team nicht nur von Kolleginnen und Kollegen, sondern auch zahlreichen Fans: „Ich nutze die Öffis täglich“, sagt ein Mann gekleidet mit einem „I love Öffis“-Shirt. Er wisse die Wiener Linien nach Auslandsaufenthalten stets besonders zu schätzen. „Die Preiserhöhung war jetzt geschmalzen, aber es ist auch die Erste seit 2012, daher ist es für mich okay“, führt er weiter aus. Die Studierenden Christoph, Anna-Lina und Julian feuern hingegen Teneriffa an: „Dort gibt es nur zwei Linien, daher sind sie die Underdogs.“ Die Öffi-Liebe für die Wiener Linien sei natürlich auch vorhanden. “Ich weiß aber nicht, ob ich weiter Fan bin, wenn das Ticket teurer wird“, sagt Christoph.
Der allgemeinen Begeisterung scheinen die Preise jedoch keinen Dämpfer beim begleitenden Öffi-Fest zu verleihen: „Beeil dich, ich möchte Wienerletten“, sagt eine Jugendliche zu ihrer Freundin als sie sich in der Schlange vor dem Fanshop einreihen. Gemeint ist eine Öffi-Version der beliebten Adidas-Sandale. Neben Schuhwerk können Fans dort alles von Socken passend zu ihren Lieblingslinien („Die U6 würd’ ich nicht kaufen“) bis zum Babystrampler im Tram-Design erstehen.

Besuch aus Finnland: Tiia und Kollegen unterstützen das Team.
Fans aus aller Welt
Nicht nur die Teams sind für den Wettkampf angereist, auch die Fans legten einen weiten Weg zurück. Um das finnische Team anzufeuern, sind Tiia und ihre Öffi-Kolleginnen und Kollegen extra angereist. „Alle, die frei hatten, sind gekommen“, sagt sie. Auch Andrew und seine Frau Narelle haben einige Kilometer zurückgelegt: Sie haben ihren Wien-Besuch mit der WM verbunden. Ausgestattet mit Australien-Flagge und Känguru-Shirt wird deshalb Melbourne unterstützt.

Das norwegische Team um Ingrid Nansve wird angefeuert.
Viel Jubel gibt es auch für die Norwegerin Ingrid Nansve für die fleißig Fähnchen geschwungen werden. „Alles ist verschwommen, ich zittere richtig“, sagt sie nach der ersten Runde. Für Norwegen reicht es am Ende für einen Stockerlplatz (5140 Punkte) hinter Polen (5244 Punkte). Kurz vor 17 Uhr fuhren die Wiener Linien mit 5599 Punkten den Sieg ein. Damit ist Österreich offiziell Weltmeister, zwar nicht im Fußball, aber immerhin waren Bälle im Spiel.
Klarheit: Die wichtigsten Begriffe
Die Wiener Linien betreiben das sechstgrößte Straßenbahnnetz der Welt. Dazu gibt es 109 U-Bahn-Stationen und rund 880 Kilometer Buslinien. Zu Spitzenzeiten sind rund 1.000 Fahrzeuge unterwegs. Sie können gleichzeitig mehr als 260.000 Menschen transportieren. Allein in einer der 160 U-Bahn-Garnituren haben 900 Menschen Platz.
2023 besaßen rund 1,2 Millionen Menschen eine Jahreskarte oder ein anderes Dauer-Ticket. Mit rund 8.700 Mitarbeitern sind die Wiener Linien einer der größten Arbeitgeber der Stadt Wien.
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