"Regel-Chaos": ÖAMTC übt Kritik an StVO-Novelle
Von Franziska Trautmann
Nur wenige Tage, bevor der Begutachtungszeitraum der StVO-Novelle am Freitag endet, meldet sich der Verkehrsclub ÖAMTC zu Wort. Mit harscher Kritik. Er warnt vor einem „Regel-Chaos“ sowie einem Nährboden für mehr Fahrverbote in ganz Österreich. Konkret richtet sich die Kritik gegen jene Gesetzespassage, die den Einsatz kamerabasierter Überwachungssysteme ermöglichen soll. Die rot-pinke Stadtregierung fordert diese Maßnahme schon seit Jahren, um damit die Verkehrsberuhigung der Inneren Stadt umsetzen zu können.
Angst vor Fleckerlteppich
Die damalige grüne Verkehrsministerin Leonore Gewessler stellte sich quer, ihr Nachfolger Peter Hanke (SPÖ) kündigte die Novelle kurz nach Amtsübernahme an und unterstützte damit seine Wiener Genossen im Wien-Wahlkampf. Vor einigen Wochen (und nach harten Verhandlungen mit ÖVP und Neos) legte er den Entwurf vor.
Dass Städte und Gemeinden die Zufahrtsverbote individuell gestalten können, ist nun aber dem ÖAMTC ein Dorn im Auge. Einzelheiten sowie die Ausnahmen von den Fahrverboten (etwa für Taxis) sollen nämlich von den Bezirkshauptmannschaften oder dem Magistrat festgelegt werden. Der ÖAMTC kritisiert, dass durch die Entscheidungsfreiheit der Städte und Gemeinden ein „Fleckerlteppich an Straßenregeln“ entstehen könnte.
Ursprünglich sei im Rahmen der Novelle nur die Kameraüberwachung von Innenstadtfahrverboten geplant gewesen, heißt es vom ÖAMTC. „Nun soll ein Rahmen geschaffen werden, mit dem Gemeinden auch Geh- und Radwege, Busspuren und Fußgängerzonen mit Kameras überwachen können“, sagt Matthias Wolf vom ÖAMTC-Rechtsdienst. Eine Kritik, die auch Datenschutzrechtler und die Grünen zuletzt immer wieder angeführt hatten.
Fahrverbots-Abzocke?
Eine weitere Befürchtung: Gemeinden könnten vermehrt Fahrverbote erlassen, um neue Einnahmen zu lukrieren, sagt Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessensvertretung. Denn der Erlös der Geldstrafen gehe schließlich an die Gemeinden selbst. Denkbar seien aber auch andere „verkehrsfremde“ Gründe – etwa „Wahlzuckerl“ oder die Konkurrenz mit einer Nachbargemeinde.
Unzufrieden zeigt man sich beim ÖAMTC aber auch mit der geplanten Kennzeichnung der Videoüberwachung. Auf überwachte Zonen sollen laut Novelle nur eine Bodenmarkierung sowie ein Schild, auf dem ein Kamera-Symbol zu sehen ist, hinweisen. Das sei zu wenig. Der Vorschlag des ÖAMTC: Man solle die Zonen mit einem Verkehrsschild ausstatten, auf dem die vom Fahrverbot ausgenommenen Verkehrsteilnehmer aufgelistet sind.
Also alles schlecht? Man sei nicht grundsätzlich gegen ein kamerabasiertes Überwachungsmodell, heißt es vom Verkehrsclub. Man plädiere aber für einheitliche Regeln. Gemeinden sollten gewisse Kriterien (etwa einen nachweislich hohen Verkehrsdruck) erfüllen müssen, um überhaupt eine Kameraüberwachung beantragen zu können. Außerdem müsse es genügend Parkmöglichkeiten außerhalb der Zonen geben, fordert der ÖAMTC.
Abwarten ist angesagt
Im Verkehrsministerium sieht man die Sache etwas anders: Ja, Gemeinden und Städte könnten die Fahrverbote individuell gestalten, das sei aber auch bisher schon der Fall gewesen, heißt es auf KURIER-Anfrage. Es werde mit der Videoüberwachung lediglich eine neue Maßnahme zur Kontrolle dieser Verbote geschaffen, heißt es.
Auch die Datenschutzbedenken teilt man nicht: Geh- und Radwege sowie Busspuren dürfen nur dann kontrolliert werden, wenn sie sich
innerhalb einer Einfahrts- oder Fahrverbotszone befinden. Nur eine Busspur oder nur ein Radweg allein dürften nicht mit Kameras überwacht werden. Auch sonst lässt man den ÖAMTC abblitzen: Man wolle vorerst die Begutachtung abwarten und könne „bei Bedarf im Anschluss noch immer nachschärfen“.
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