Zu Besuch in Stammersdorf: Ein Rendezvous mit dem Ende von Wien

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Im Vorjahr setzte der KURIER den Endstationen der Wiener Linien ein journalistisches Denkmal. In diesem Sommer gehen wir noch ein Stück weiter – zum Auftakt: ans äußerste Ende von Stammersdorf.
Von Uwe Mauch

Ein Fliesengeschäft, ein Billa, eine Restauration mit dem wenig stammersdorferischen Namen „Amigo 2“, dann geht es auch schon hinaus aus der Stadt, rauf auf den Rendezvousberg. Im Auto spürt man diesen kurzen Anstieg der Brünner Straße (B7) kaum.

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Alte Begegnungen

Anders war das früher für die Pferde. Unter Karl VI. wurde die Straße vom Floridsdorfer Spitz ins südmährische Brünn offiziell eine Poststraße im Habsburgerreich.

Für die Rösser, die eine Postkutsche das Bergerl am nördlichen Ende der Stadt hinauf ziehen mussten, wurde daher 1784 eine Poststation eingerichtet. Sie bestand unter anderem aus dem Postamt, einem Stall und dem Wirtshaus.

Der erste Postmeister soll ein gewisser Franz Xaver von Puchberg gewesen sein. Ob der Postler beim Treffen von Napoleon I. und Erzherzog Carl am 27. Dezember 1805 mit am Tisch saß? Ist eher unwahrscheinlich.

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Der Postkutschenverkehr für Personen wurde 1871 eingestellt. Der Transitverkehr blieb. Bis zur Eröffnung der Nord/Weinviertelautobahn A5 (2010) fuhr eine nicht enden wollende Pkw-Lkw-Kolonne aus der und in die Stadt.

Heute sind weniger Autos unterwegs, ganz wenige sind es nicht. Dementsprechend unsexy ist das Straßenbild: Nicht schön fürs Auge reihen sich hier die Grundstücke der Gebrauchtwagenhändler und Kfz-Mechaniker, eine Tank-, eine Bushaltestelle sowie eine Hundeschule aneinander.

Der Radweg, der parallel zur Bundesstraße gemütlich durch einen grünen Tunnel aus Bäumen führt, lässt den Wort-Ursprung des Rendezvousbergs erahnen: im Stammersdorfer Wald, trafen sich dereinst die kaiserlichen Jagdgesellschaften zum „Halali“. Im 18. Jahrhundert wurde der Rendezvousberg auch zur topografischen Bezeichnung.

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Neue Begegnungen

Ende des 20. Jahrhunderts machten andere, weniger tolerierte Begegnungen Schlagzeilen in den lokalen Medien: Man empörte sich wortreich über den illegalen „Straßenstrich“ im äußersten Zipfel von Floridsdorf.

Heute sind die Rendis harmloser: Etwa auf dem „Dampfross-Radweg“, der auf der ehemaligen Trasse der Stammersdorfer Lokalbahn hinauf ins Weinviertel führt. Dort kann es einem schon passieren, dass entgegenkommende Radler laut grüßen.

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Zwar verläuft die „Grüß-Grenze“, die der radelnde Historiker Matthias Marschik seinen Erfahrungen zufolge definiert hat, noch ein ganzes Stück hinter der Stadtgrenze, doch lassen sich einige happy nach Wien einrollende Radler ihr „Servas“ nicht nehmen.

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Lautstark gegrüßt werden die Menschen auch von den Sulmtaler Hendln, die auf dem Stammersdorfer Biohof Nr. 5 ein gutes Leben führen. So wie die frei rumlaufenden Mangalitzaschweine und die Kamerunschafe. Einige Bioprodukte kann man übrigens im bunten Hofladenwagen neben dem Eingang käuflich erwerben. Allerdings ist der Wagen nicht immer geöffnet.

Nur wenige Meter weiter passieren Rad- ebenso wie Autofahrer endgültig die Grenze zu Niederösterreich. Damit ist auch ein weiter Blick ins Land möglich.

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Und es dauert nicht lange, dann beginnt man auf dem Dampfross-Radweg selbst von seinem Radl zu grüßen. Und kurz vor dem Heurigenort Hagenbrunn läuft einem auch noch – Wien, baba! – die erste Feldmaus über den Weg.

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