Stadtnahe Vereine in Wien im Visier der Prüfer
Es war ein veritabler Skandal, der die Wiener SPÖ kurz vor Weihnachten erschütterte: Der Rechnungshof hatte die großzügige Vergabe von Gehältern im stadtnahen Verein „Wiener Kinder- und Jugendbetreuung“ zerpflückt. Im Zentrum des Geschehens: Brigitte Kopietz, Ehefrau des früheren SPÖ-Landtagspräsidenten Harry Kopietz und bis 2017 Geschäftsführerin des Vereins (siehe unten).
Als Reaktion beauftragte Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) den Stadtrechnungshof, städtische und stadtnahe Vereine genauer unter die Lupe zu nehmen.
Nun liegt das entsprechende Prüfansuchen vor: Demnach werden städtische Vereine sowie Fonds, Stiftungen und Anstalten, die von Organen der Stadt verwaltet werden, auf das Vorhandensein eines Compliance-Managements überprüft. Also eines Systems, das die Einhaltung bestimmter ethischer Standards sicherstellt. Flächendeckend werden alle Institutionen mit einem Vermögen von mehr als einer Million Euro untersucht. Jene, die unter dieser Grenze liegen, werden stichprobenartig kontrolliert.
Ähnlich geht man bei Vereinen mit einer Subventionsvereinbarung vor: Jene, die eine qualifizierte Rechnungslegung vorzunehmen haben werden flächendeckend, alle anderen stichprobenartig überprüft.
Prüfungszeitraum ist in allen Fällen 2016 bis 2018. Im Stadtrechnungshof bestätigt man, dass man bereits erste Erhebungen durchführe. Details könne man aber mit Verweis auf das laufende Verfahren nicht nennen. Somit ist derzeit noch offen, welche und wie viele Vereine geprüft werden.
Skeptisch ist Neos-Klubchef Christoph Wiederkehr: „Die Prüfung droht zahnlos zu bleiben. Es wird nur untersucht, ob es Compliance-Richtlinien gibt, nicht aber, ob in den Vereinen tatsächliche Missstände aufgetreten sind.“ Er fordert daher: „Wir brauchen eine eigene ,Task Force Vereine‘ – eine Sondereinheit, die im Stadtrechnungshof angesiedelt wird. Diese soll sämtliche Förderungen und Vereinsstrukturen im stadt- und parteinahen Bereich vollständig untersuchen.“
Laut Wiederkehr gebe es eine Reihe von Vereinen im Umfeld der Stadt und der SPÖ, deren Agieren äußerst hinterfragenswert ist. Etwa der Verein „Wiener Bildungsserver“: Gegründet 1997, ist seine Aufgabe, mit unterschiedlichen Angeboten die Medienkompetenz von Kindern in Schule und Kindergarten zu stärken. Der Verein erhält jährlich knapp 700.000 Euro an Förderungen der Stadt, im Vorstand sitzen mit den Gemeinderäten Marcus Gremel und Siegi Lindenmayr zwei SPÖ-Funktionäre.
Keine Transparenz
Wiederkehr kritisiert die ungenauen Förderanträge: „Zuletzt umfasste er nur vier Seiten.“ Zudem sei der Verein über die Jahre hinweg immer wieder ins Visier des Stadtrechnungshofs geraten, der mangelnde Qualitätskontrollen und Unregelmäßigkeiten in der Organisation festgestellt hatte. „Die grundlegende Frage ist aber: Warum braucht es für diese Dienstleistung einen mit roten Parteifunktionären besetzten Verein anstelle einer Abwicklung über den Magistrat?“, sagt der Neos-Klubchef.
Mit jährlich 1,8 Millionen Euro bekommt der Verein „Wiener Kulturservice“ noch mehr Fördergeld. Auch hier vermisst Wiederkehr transparente Informationen, wie viel Geld wofür genau verwendet wird. Bekannt ist nur seine Rolle in der Organisation des 1.-Mai-Fests im Prater sowie des Donauinselfests. „Beides sind klar erkennbare Werbeveranstaltungen der SPÖ. Sie sollten daher aus der Parteikassa finanziert werden.“
Skandalverein mit neuem Namen
Der SPÖ-nahe Verein „Wiener Kinder- und Jugendbetreuung“ wurde 2017 mit 40 Mio. Euro subventioniert. Er ist für die Nachmittagsbetreuung an Volksschulen zuständig. Der Rechnungshof kritisierte zuletzt Gehaltszahlungen, die zum Teil deutlich über dem Kollektivvertrag lagen.
Nach Bekanntwerden der Missstände hat die Stadt eine Neuaufstellung des Vereins angekündigt. Er wurde in eine GmbH umgewandelt, was für mehr Transparenz sorgen soll. Inzwischen heißt der Verein „BiM – Bildung im Mittelpunkt“. Für das Personal ändere sich nichts, wird versichert.
Kommentare