Stadt will weniger verschwenderisch sein

++ THEMENBILD ++ WIENER NORDWESTBAHNHOF-AREAL - DER ABRISS DER ALTEN HALLEN BEGINNT
Die Stadt entwarf eine Strategie gegen Ressourcenverschwendung. Wie recycelter Beton, Arzneimittel-Tauschbörsen und Klärschlamm zu mehr Nachhaltigkeit beitragen.

Knapp 100 Seiten ist das Strategie-Papier lang, das beschreibt, wie Wien zur „Großstadt ohne Verschwendung“ werden will. Der Titel „zirkuläres Wien – eine runde Sache“ klingt, ähnlich wie manche Inhalte, noch reichlich abstrakt. Fest steht, dass man mit 33 „Hebeln“ Produkte und Dienstleistungen entwickeln will, die Ressourcen schonen.

So soll etwa im Bereich Lebensmittel ein Schwerpunkt auf lokal und biologisch produzierten Lebensmitteln liegen, die direkt in der Stadt hergestellt werden. Diese sollen verstärkt in der Gastronomie, in Schulen, Kindergärten oder Krankenhäusern zum Einsatz kommen. 

Wo die Stadt ansetzen will

Seitens der Stadt will man ebenso der Lebensmittelverschwendung entgegenwirken – speziell in Schulen soll darauf anhand von Bildungsprogrammen geachtet werden.

 „Ein gutes Leben in unserer Stadt hat sehr viel mit Wertschätzung zu tun – mit Wertschätzung füreinander, aber auch für die vielen Dinge unseres Alltags, die nicht leichtfertig zu Wegwerfprodukten werden sollen“, betonte Umwelt- und Klimastadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ)

Man plane außerdem Lern- und Ausbildungsprogramme für die Bevölkerung, was Nachhaltigkeitsthemen betrifft.

Neuer Gebäudeschein

Ein Bereich, in dem man auf bereits vorhandene Projekte aufbaut, ist die Baubranche. Nachhaltiges Bauen wird bereits beim ehemaligen Nordwestbahnhof umgesetzt. Dort wird mit recyceltem Beton gearbeitet. 

Mithilfe einer Art Gebäudeschein will man künftig auch festhalten, welche Ressourcen und Materialien in einem Haus verbaut worden sind, um bei einem Abriss zu wissen, welche Teile wiederverwertet werden können.

Hauptkläranlage Wien

Die Kläranlage Simmering ist ein positives Beispiel

Als weiteres positives Beispiel für bestehende Kreislaufwirtschaft wurde die Kläranlage in Simmering erwähnt. Dort wurde eine Trocknungsanlage für Klärschlamm gebaut. Klärschlamm ist der übrig gebliebene Rest der Abwasserreinigung.

In dem Schlamm befinden sich nicht nur Schadstoffe und Wasser, sondern auch der wertvolle Rohstoff Phosphor. Um diesen aus der Masse herauszufiltern, wird der Schlamm getrocknet. Phosphor kommt als Dünger und in der Industrie zum Einsatz.

Arzneimittel-Tauschbörse

Aber nicht nur im Bau- und Industriebereich werden nachhaltige Methoden genutzt, auch im Gesundheitswesen will man Ressourcen schonen. So läuft etwa in den Pflegewohnhäusern des Wiener Gesundheitsverbundes eine Arzneimittel-Tauschbörse. 

„So müssen Medikamente nicht weggeworfen werden, sondern können anderswo eingesetzt werden“, sagte Czernohorszky. Mit dieser Tauschbörse habe man positive Erfahrungen gemacht, dies werde nun auf weitere Gesundheitseinrichtungen ausgeweitet, heißt es.

Bis zum Jahr 2050 wolle man den Materialfußabdruck in der Stadt Wien in Tonnen pro Jahr und Kopf auf die Hälfte reduzieren, ergänzte Thomas Eberhard von der Bereichsleitung für Klimaangelegenheiten, die die Strategie federführend koordiniert hat.

Konsumgüter gefragt

Beim Blick in die Statistik zeigt sich, dass ein großer Anteil der konsumbasierten Treibhausgas-Emissionen durch die Nachfrage nach Konsumgütern verursacht wird. Ein zweiter großer Anteil ist den Lebensmitteln zuzuschreiben, die durch private Haushalte und private bzw. öffentliche Dienstleister nachgefragt werden.

Der dritte große Anteil liegt beim Bauwesen. „Zehn Prozent der konsumbasierten Emissionen haben wir vonseiten der Stadt in der Hand. Aber das wirkt sich wiederum auf die restlichen 90 Prozent, auf den Alltag der Menschen aus“, erklärte Bereichsleiter Eberhard.

Kritik von den Grünen

Die neue Strategie kommt nicht bei allen gut an. So fehlt es den Grünen etwa an Verbindlichkeit. „Die Strategie nennt zwar übergeordnete Reduktionsziele, wie die Halbierung des Materialfußabdrucks, verzichtet dabei aber auf konkrete, messbare Zwischenziele für die insgesamt 33 Hebel“ hielt Parteichef Peter Kraus in einer Aussendung fest. 

Dadurch sei nicht nachvollziehbar, in welchen Teilbereichen Fortschritte erzielt werden, bzw. wo Nachbesserungsbedarf besteht. Außerdem seien die unmittelbaren Auswirkungen auf Bauprojekte unklar, wie die Lobau. Am 22. Oktober soll die Strategie „Zirkuläres Wien“ im Gemeinderat beschlossen werden.

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