Für den Songcontest, den Österreich im nächsten Jahr nach dem Sieg am Samstag ausrichten muss, geht sich die neue Halle, die in St. Marx errichtet werden soll, nicht mehr aus. 2030 steht derzeit für die Fertigstellung am Plan. Ob jemals dort ein Songcontest stattfinden wird, ist offen.
In den ursprünglichen Plänen war die Fertigstellung der Halle für 2024 vorgesehen - der Songcontest wäre demnach ein erster richtiger Höhepunkt gewesen.
Über 150 Millionen Euro von der Stadt
Gebaut wird die neue Halle, für die die Stadt über 150 Millionen Euro beisteuern wird, in Kooperation mit dem deutschen Veranstalter CTS Eventim, dem nach einem Einspruch rund um die Vergabe an einen amerikanischen Investor dann doch noch der Zuschlag erteilt wurde. Rund 500 Millionen Euro soll die ganze Halle kosten.
Der Siegerentwurf des Wettbewerbs für die neue Eventhalle der Wien-Holding.
Es soll eine "Mega-Arena modernsten Zuschnitts werden", für Sportveranstaltungen, Großkonzerte und Messen. 20.000 Besucherinnen und Besuchern soll sie Platz bieten, 1,2 Millionen Besucher pro Jahr sind geplant.
Vorerst gibt es rund um das Areal aber andere Pläne. Nicht von der Wien-Holding, sondern vom "Klimacamp", das zuvor in der Lobau und dann bei der Ostumfahrung von Wiener Neustadt in Lichtenwörth seine Zelte aufgeschlagen hatte, bis es von der Polizei geräumt wurde.
Klimacamp St. Marx will "Stadt für Alle"
Nun ist St. Marx an der Reihe. Am kommenden Samstag wird das Camp aufgebaut, ab Sonntag gibt es Programm - das "Stadt für Alle"-Camp. Eine Woche lang dreht sich alles um dieses Thema, erklären die Veranstalter: "Es geht um Kämpfe für gemeinschaftlich gestaltete und konsumzwangfreie Räume und gegen Gentrifizierung und andere Formen von Ausschluss und Verdrängung."
Am Sonntag startet das Programm mit den Themen Sozialismus oder Barberei, Tierindustrie und einem Bauwendespiel der Architects for Future, nach dem Auftaktplenum "St. Marx, was geht?" (So, 14.30 Uhr Uhr) gibt es am Nachmittag den Renaturierungsstammtisch und sowie Debatten über Leerstand und Zwischennutzung sowie die "Verräumung sozialer Ungleichheiten in Wien".
Am Montag geht man den Fragen "Wem gehört die Stadt?" und "Was bedeutet Care im öffentlichen Raum?" nach, am Dienstag werden die Zusammenhänge zwischen Marxismus und Tierbefreiung erläutert, auch soll der OMV-Hauptversammlung ein Besuch abgestattet werden.
Der Mittwoch steht im Zeichen einer Erklärung des Zusammenhangs zwischen dem Finanzsystem, der Schuldenpolitik und der Klimakatastrophe, am Donnerstag werden Gentrifizierung, Autoverkehr und Stadtentwicklung unter dei Lupe genommen.
Am Freitag diskutieren die Klimacamp-Teilnehmerinnen und -teilnehmer über Machtstrukturen und öffentlichen Raum, am Samstag kommt nochmals ein anderes brennendes Thema zur Sprache: "Lobau bleibt" - samt Ausblicksdiskussion, wie es mit St. Marx und anderen Themen weitergeht.
Verdrängung, fehlende Partizipation, fehlender Diskurs. Das sind auch die Punkte, warum die Initiative "St. Marx für Alle" gerne mit dem Klimacamp gemeinsame Sache macht. "Wir wollen, dass die Stadt und die Wien-Holding in dieser Frage zwei Schritte zurückgehen", sagt Flores, ein Sprecher dieser Initiative. Man wünsche sich einen ehrlichen Beteiligungsprozess und ergebnisoffene Gespräche, erläutert die Initiative.
Kampf um innerstädtischen Freiraum
Das Geld, das "einem ausländischen Investor" für die Errichtung der Halle zugeschossen wird, solle dafür genutzt werden, diesen "wertvollen innerstädtischen Bereich aufzuwerten", Eigeninitiativen zu stärken und die ehrenamtliche Arbeit, die auf diesem Areal in St. Marx über ein Jahrzehnt erfolgt ist, anzuerkennen.
Begegnungsorte, wie dieser, der in den vergangenen Jahren durch eben dieses Engagement entstanden sei, wären für Wien so wichtig, ist die "St. Marx für Alle" überzeugt, deshalb auch die Kooperation mit dem Klimacamp, "das dort legal stattfinden wird", wie der Sprecher betont: "Es ist keine Besetzung, und es geht uns darum, eine Gegenmacht aufzubauen."
Belebter Stadtraum
Und darum, das Leben, das dort herrscht, sichtbar zu machen. "Über 1.000 Menschen kommen allein an den Wochenenden", schwärmt der Sprecher über das konsumfreie Areal - etwa zum Flohmarkt, zum Zirkus, über 100 junge Menschen würden täglich zum Skaten kommen.
Darüber hinaus gibt es Basketballer, Gärtner und Gärtnerinnen, auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Mediencampus würden das Areal gerne nutzen, schildert Flores.
"Dieser Platz sollte offen gehalten werden, solche Begegnungsorte sind so wichtig für eine Demokratie und die Gesellschaft", ergänzt der Sprecher, der viele junge Menschen, migrantische Gruppen und Nachbarn auf dem Areal verortet.
"Eigentlich müsste die Stadt so etwas selbst anbieten", ist er überzeugt und fordert nun, dass zumindest das ehrenamtliche Engagement, das in St. Marx viele Freiräume ermöglicht habe, nun anerkannt werde, indem der Platz von der Halle freigehalten wird.
Seitens der Wien-Holding wird betont, dass seit Jahresbeginn "ein konstruktiver Dialog mit den Zwischennutzern des Areals und der Initiative "St. Marx für alle“ geführt werde. Noch im Mai sei das nächste Gespräch geplant.
Verhandlungen über Ersatzflächen laufen
Dabei gehe es um mögliche Ersatzflächen für bestehende Projekte und die konkrete Planung der Übergangsphase auf der Planungsfläche für die Halle in diesem Jahr. Denn Ende des Jahres laufen alle Zwischennutzungsverträge aus.
Aktuell läuft die konkrete Projektvorbereitungsphase mit CTS Eventim, außerdem werden die Ergebnisse des Vergabeverfahrens in den entsprechenden finalen Partnerschaftsvertrag eingearbeitet.
Erst nach Vorliegen dieser Rahmenbedingungen könne der mögliche Baubeginn definiert werden, heißt es in einer Anfragebeantwortung der Wien-Holding: "Eröffnet werden soll die neue Arena nach derzeitigem Stand im Jahr 2030."
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