„Na, wie läuft’s in der Arbeit?“, spricht die 34-Jährige die Jugendliche an. „Gastro halt. Gestern hätte ich mich fast mit einem Kunden geschlagen“, erzählt das Mädchen. Und sie erzählt von einem Vorfall, bei dem die Polizei eingeschaltet werden musste. „Ein Mann hat mich und meine Religion beleidigt. Da hat mein Freund mich verteidigt“, sagt sie. Er habe nun eine Zeugenladung vom Gericht bekommen.
Geschichten wie diese begegnen Franzi und Jakob, beide Sozialarbeiter beim Verein „Back Bone“, auf ihren Rundgängen durch den 20. Wiener Gemeindebezirk regelmäßig. Sie haben ihre fixen Orte und Plätze, die sie aufsuchen.
300 bis 400 Jugendliche
„Wir gehen die U-Bahn-Stationen Dresdner Straße und Jägerstraße ab, die Parks und auch in die Millennium City, wo sich die Jugendlichen vor allem im Winter aufhalten“, schildert Franzi. Der Verein „Back Bone“ ist Träger der Mobilen Jugendarbeit, die Sozialarbeiter sind ausschließlich in der Brigittenau unterwegs.
Pro Jahr betreut der Verein zwischen 300 und 400 Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren. „Das sind Jugendliche, die kein stabiles Umfeld haben, die Fluchterfahrungen haben, die Schwierigkeiten in der Schule oder im Job haben“, sagt Geschäftsführer Thomas Faul.
Besuche im Gefängnis
Oft geht es auch um die absoluten Grundbedürfnisse, die nicht gedeckt werden: Wohnen oder Nahrung. „Viele Jugendliche kommen hungrig zu uns. Zu unseren Öffnungszeiten kochen und essen wir mit den Besuchern. Am Hunger der Jugendlichen merkt man, dass es oft ihre erste warme Mahlzeit des Tages ist“, erklärt Faul. Manchmal geraten Jugendliche auch in Konflikt mit dem Gesetz. „Im Falle einer Verurteilung besuchen die Sozialarbeiter von Back Bone sie dann auch im Gefängnis“. Man arbeite aber vor allem präventiv mit den jungen Menschen.
Schauplatzwechsel: Eine Gruppe Burschen spielt im Allerheiligenpark Fußball. „Hallo Back Bone, wie geht es euch?“, ruft einer. Es kommt zum Gespräch. Wie die Ferien waren, will die Sozialarbeiterin Franzi von ihm wissen. „Schlecht“, antwortet der Bursch. Ein Polizeibrief sei gekommen. Mehr sagt er dazu nicht. Nur, dass er vielleicht bald wieder im Verein vorbeischaue.
„Das richtige Gespür“
Franzi und Jakob drängen den Burschen nicht weiter, winken und gehen wieder. In ihrem Job gehe es viel um das richtige Gespür, sagt Franzi. Wie sie es schafft, Zugang zu den Jugendlichen zu finden? „Das hängt oft von ihrer Körpersprache ab. Erwidern sie meinen Blickkontakt und winken zum Beispiel, gehe ich hin und rede mit ihnen. Schauen sie gleich wieder weg, dann würde ich in dem Moment kein Gespräch anfangen“, erklärt die 34-Jährige.
Um Beziehungen aufzubauen, müsse man Vertrauen aufbauen und den Jugendlichen zuhören, ihnen Verständnis für ihre Anliegen entgegenbringen. „Aber natürlich klären wir die Jugendlichen auf, sobald sie sich mit ihren Handlungen strafbar machen“, sagt Franzi.
Zum Beispiel kann es dabei um den Besitz von pyrotechnischen Gegenständen gehen, ergänzt Geschäftsführer Faul. „Dagegen geht die Polizei mit hohen Geldstrafen vor. Oft kommen die Jugendlichen dann zu uns und fragen uns um Rat, um eine Lösung zu finden“, so Faul.
Zeit für lange Gespräche haben die Streetworker auf ihren Rundgängen durch die Brigittenau aber nicht immer. Jeden Dienstag öffnet „Back Bone“ deshalb seine Pforten in der Pappenheimgasse 52. Für gemeinsames Lernen, Lebensläufe schreiben, Beratungsgespräche führen – oder die erste warme Mahlzeit.
*Name von der Redaktion geändert
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