Skurriler Streit um Konditorei Hüftgold am Meidlinger Markt entbrannt

Die Marktkonditorei Hüftgold in Wien bietet Kaffee und Süßwaren an.
Der Zwist um die insolvente Konditorei Hüftgold wird öffentlich ausgetragen – und von Gästen, die Briefe an Gläubiger und Kaufinteressenten schreiben.

Profitgier, Rache und die Angst um die eigene Existenz: Mit diesen Worten beschreibt Mark Ruiz Hellin den Kampf um seinen Stand am Meidlinger Markt. Große Emotionen für die „wohl kleinste Konditorei“ der Stadt, das Hüftgold.

Öffentlich gemacht hat Hellin die drohende „feindliche Übernahme“ seines Cafés durch einen „Finanzjongleur“ im „Rene-Benko-Style“ auf Facebook (Foto unten). Eingefädelt haben soll alles ein Gläubiger.

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Ein Textbeitrag der Hüftgold Marktkonditorei über ihre aktuelle Situation.

Der Beitrag zur Insolvenz wurde auf Facebook Hunderte Male geteilt.

Was ist passiert: Ende Jänner 2023 musste Hellin für seinen Marktstand, an dem er die Konditorei Hüftgold und das Kaffeehaus „Ignaz & Rosalia“ betreibt, Insolvenz anmelden. Nach der Schließung der zweiten Konditorei in Hietzing konnte man zwar die laufenden Kosten tragen, aber nicht die Rückstände aus der Corona-Zeit abbezahlen. Erschwerend hinzu komme die Teuerung.

Herr im eigenen Haus

Anfang August lag der Sanierungsplan auf dem Tisch, dem laut Hellin alle Gläubiger zugestimmt hätten – bis auf einen. „Der Masseverwalter hat es als eine der bisher schönsten Insolvenzen bezeichnet. Wir dachten, wir werden wieder Herr in unserem Haus“, erzählt er im KURIER-Gespräch.

Jener Gläubiger, der laut Hellins Beiträgen auf Facebook als Einziger dem Vergleich nicht zustimmen wollte, will auf KURIER-Anfrage anonym bleiben. Der Grund: Seine Kontaktdaten liegen auf Initiative einer Kundin im Hüftgold öffentlich auf.

Gäste sitzen im Freien vor dem Café „Ignaz & Rosalia“.

Das Kaffeehaus Ignaz & Rosalia gehört zur Konditorei.

Gäste werden gebeten, Gläubigern Briefe zu schreiben, in denen sie – in ausdrücklich freundlichen – Worten für die Rettung des Lokals plädieren. Er habe bereits 30 davon erhalten, wohl sei ihm dabei nicht.

Von Hellin werde er öffentlich an den Pranger gestellt, was einer Rufschädigung gleichkomme. Als Gläubiger wolle er seinen eigenen Schaden minimieren. Er habe Zweifel an der Vermögensbewertung des Marktstandes von 60.000 Euro und in der Sache nachgehakt.

Besuch vom Investor

Mit dem Besuch eines Immobilieninvestors vor wenigen Tagen im Hüftgold habe er nichts zu tun, wie man ihm unterstellt – auch wenn beide ihre Unternehmen an derselben Adresse haben. Eben jener Investor sagt auf KURIER-Anfrage, von der Insolvenz über Facebook erfahren zu haben. Durch die Aufregung habe er nun kein Interesse mehr.

Mein Mitleid mit Gastronomen, die sich auf Kosten ihrer Lieferanten sanieren, hält sich in Grenzen

von Gerold Schwarz

Weinhändler

Tatsächlich kaufen will den Marktstand Gerold Schwarz um 110.000 Euro. Auch seine Daten liegen im Café auf, auch er habe von Gästen bereits einiges an Post erhalten. „Ich habe im Urlaub über einen Freund von dem Konkurs erfahren. Für 110.000 Euro wäre der Stand ein Schnäppchen gewesen. Ich habe nicht gewusst, dass das so ein Zirkus wird.“

Welle an Pleiten

Bis Jänner betrieb Schwarz einen Weinhandel. Als einige seiner Kunden, darunter „Habibi & Hawara“ oder das Cafés Francais, pleitegingen, sei er selbst um viel Geld umgefallen. In der Konditorei Hüftgold habe er „die Chance gesehen, mich selbst zu sanieren. Mein Mitleid mit Gastronomen, die sich auf Kosten ihrer Lieferanten sanieren, hält sich in Grenzen.“

Vom Hüftgold-Chef wurde Schwarz jedenfalls fürs Erste überboten. Statt 22 Prozent will Hellin in längstens zwei Jahren 40 Prozent der Schulden bei seinen Gläubigern begleichen. „Höher kann ich nicht gehen, das ist mein absolutes Maximum“, so Hellin.

Er wolle sich wehren und laut sein, um zwölf Mitarbeiter, darunter eine Auszubildende und am Arbeitsmarkt Benachteiligte, zu retten. Sollte ihm das nicht gelingen, müsse er Privatinsolvenz anmelden. Mit über 50 Jahren einen Neuanfang zu versuchen, werde schwer.

Schwarz hätte nun bis zum 18. August Zeit, sein Kaufangebot nachzubessern. Tun werde er das aber nicht, wie er dem KURIER sagt. „Aber ich kann nicht ausschließen, dass jetzt andere ein Angebot machen.“ Was die Verbreitung seiner Kontaktdaten angeht, prüfe er rechtliche Schritte.

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