Seitenwechsel: Lehrer schnuppern für ein Jahr Unternehmensluft

Kunstlehrerin Anna Großmann hat über Seitenwechsel das Klassenzimmer mit einem Job bei Mondi getauscht, wo sie ein Jahr arbeitet. Danach kehrt sie in die Schule zurück. 
Die Initiative bietet Pädagogen die Möglichkeit, Praxiserfahrungen in Firmen zu machen. Davon profitieren alle.

Vom Klassenzimmer an die Uni und zurück ins Klassenzimmer: So sieht die Laufbahn der meisten Pädagoginnen und Pädagogen aus. Mit der Initiative Seitenwechsel, die es seit 2021 gibt, haben Lehrpersonen jedoch die Möglichkeit, auch einmal etwas ganz anderes zu machen – nämlich in einen Betrieb zu wechseln.

Konkret heißt das: Sie tauschen für ein Jahr das Klassenzimmer gegen eine Stelle in einem Unternehmen.

Von dem Projekt profitieren alle – allen voran die Schülerinnen und Schüler, da die teilnehmenden Lehrkräfte während dieses Jahres Wirtschafts-Know-how erwerben, das sie anschließend in den Unterricht integrieren. Durch die praktische Erfahrung erhalten sie wichtige Impulse, besonders im Bereich der Berufsorientierung oder Kommunikation.

Programm macht Lehrerjob attraktiver

Auch die Bildungsdirektionen ziehen Vorteile aus dem Programm, da es den Lehrerberuf attraktiver macht und temporäre Ausstiege ermöglicht. Für Lehrkräfte, die überlegen, den Beruf ganz aufzugeben, bietet das Projekt eine Möglichkeit, ein Jahr Auszeit zu nehmen, um danach motiviert zurückzukehren.

Genau das hat Erwin Greiner, Gründer von Seitenwechsel, beobachtet: „Es gab Lehrer, die wieder mehr die Vorteile ihres Jobs wahrgenommen haben – etwa, dass man sich die Zeit eigenständiger einteilen kann.“

Von der Firma in die Schule

Zusätzlich bringen Lehrkräfte neue Ideen aus den Betrieben mit, die sie an ihren Schulen umsetzen. Ein Beispiel ist Kunstlehrerin Anna Großmann, die derzeit beim Verpackungsunternehmen Mondi arbeitet. „Ich werde meine Erfahrungen aus der Wirtschaft in unseren schulautonomen Kunstschwerpunkt integrieren.“ Bei Mondi schätzt sie das Arbeiten im Team – in der Schule arbeitet man oft eher allein, „dafür ist man kreativer“.

Firmen erhalten Kontakt zu Schulen

Auch die Unternehmen profitieren: Sie knüpfen direkte Kontakte zu Schulen und gewinnen durch die pädagogische Expertise der Lehrkräfte neue Perspektiven, die sie in ihrem Betrieb umsetzen können. „Die Firmen Mondi und Wiener Linien, die aktuell teilnehmen, entwickeln gemeinsam mit dem Team von Seitenwechsel Einsatzmöglichkeiten für die Lehrkräfte.“

Sinnvoll trotz Lehrermangels

Erwin Greiner ist überzeugt, dass Seitenwechsel auch trotz des Lehrermangels sinnvoll ist: „Wenn es für ein System ein Problem ist, dass wenige Lehrpersonen für ein Jahr ausfallen, haben wir ein grundsätzliches Problem.“ Zudem seien motiviertere Lehrkräfte ein Gewinn für alle Beteiligten – auch für die Schulen.

Bewerbungen bis 2. März möglich

Lehrpersonen der Sekundarstufe I und II können sich noch bis zum 2. März über die Website seitenwechsel.at bewerben. Voraussetzung ist die Teilnahme an den verpflichtenden Informationsabenden am 20. oder 25. Februar, jeweils von 17 bis 18 Uhr. Beide Veranstaltungen finden online statt und sind über die Homepage zugänglich.

Der Wechsel startet im September und dauert ein Jahr. Während dieser Zeit erhält die Lehrperson ihr Gehalt vom jeweiligen Unternehmen.

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