Sechsjährige zeigte SOS-Handzeichen: Stiefvater angeklagt

Zeichen mit der Hand
Der Prozess wegen schwerer Nötigung und Freiheitsentziehung findet am 16. Dezember statt. Der Stiefvater ist nicht geständig.

Jener 39-jährige Mann, der am vergangenen Sonntag in Wien festgenommen wurde, nachdem seine sechsjährige Stieftochter mit dem Notsignal für häusliche Gewalt auf sich aufmerksam gemacht hatte, ist bereits angeklagt.

Die Staatsanwaltschaft Wien hat beim Landesgericht für Strafsachen einen Strafantrag wegen schwerer Nötigung und Freiheitsentziehung eingebracht. Gerichtssprecherin Christina Salzborn bestätigte Freitagmittag entsprechende Informationen der APA.

Wie Salzborn mitteilte, gibt es auch schon einen Prozesstermin. Die Verhandlung wurde für den 16. Dezember anberaumt. Der gebürtige Iraker, der in Wien keinen ordentlichen Wohnsitz hat und einschlägig vorbestraft ist, befindet sich wegen Tatbegehungs- und Fluchtgefahr in der Justizanstalt (JA) Josefstadt in U-Haft.

Verteidiger: "Er hat keine Straftat gesetzt"

Der Mann soll am vergangenen Wochenende seine Frau und die zwei Kinder - neben der Sechsjährigen ein Säugling - abgepasst, bedroht und zum Einsteigen in sein Auto gezwungen haben. Weil er der Frau dabei ein Messer gegen den Hals gedrückt haben soll, geht die Staatsanwaltschaft von schwerer Nötigung aus.

Rund eine Stunde soll der Mann dann mit den drei gekaperten Personen gegen deren Willen quer durch Wien gefahren sein, was im Strafantrag als Freiheitsentziehung qualifiziert wird.

Der 39-Jährige wird sich nicht geständig verantworten. "Er hat keine Straftat gesetzt", meinte sein Verteidiger Sebastian Lesigang, nachdem er den Mann am Freitag in der JA Josefstadt besucht hatte.

Weder habe der Angeklagte die Frau und die Kinder bedroht noch zum Einsteigen in seinen Pkw gezwungen: "Er hat sie nicht entführt." Der Mann habe "selbst die Polizei gerufen", nachdem ihm aufgrund einer abrupten Bremsung das nachfolgende Fahrzeug ins Heck gefahren sei, sagte Lesigang im Gespräch mit der APA.

In der Vergangenheit dürfte die Beziehung des Angeklagten zu der 34-Jährigen jedoch von Gewalt geprägt gewesen sein. Im Strafregister des 39-Jährigen scheint zumindest eine darauf hin deutende Vorstrafe aus dem Jahr 2020 auf.

Frau erwirkte zuvor Annäherungsverbot

Die 34-Jährige hatte schon vor längerem eine Einstweilige Verfügung (EV) gegen den Mann erwirkt, die ein Kontakt- und Annäherungsverbot beinhaltete. Da der 39-Jährige sich nicht daran hielt, wandte sich die zweifache Mutter neuerlich Hilfe suchend an die Behörden.

Dort wurde dem sechsjährigen Kind das SOS-Signal bei häuslicher Gewalt beigebracht, um in einer allfälligen Notlage auf sich aufmerksam machen zu können. Die EV wurde im Oktober verlängert.

Harmloser Unfall als Rettung

Dass der 39-Jährige am Sonntag während seiner Fahrt durch Wien einen Unfall mit Blechschaden baute, dürfte die 34-jährige Frau und ihre Kinder vor möglicherweise Schlimmerem bewahrt haben. Vor einem Einkaufszentrum am Neubaugürtel in Rudolfsheim-Fünfhaus kam es zu dem an sich harmlosen Auffahrunfall. Der 39-Jährige konnte keinen Führerschein vorweisen, weshalb der Unfallgegner die Polizei rief.

Den einschreitenden Beamten fielen zunächst die verängstigt wirkende Frau und die Kinder auf der Rückbank des Autos auf. Stutzig wurden die Beamten, als die Sechsjährige wortlos den Daumen in die Handfläche legte und mit den Fingern den Daumen umschloss - das Notsignal für häusliche Gewalt. Bei der Durchsuchung des Wagens fanden die Polizisten dann drei Messer, eines davon in einem Kinderwagen.

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