Schüsse bei gescheitertem Drogen-Deal in Wien: 12 Jahre Haft

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33-Jähriger hatte laut Anklage in Tötungsabsicht auf 22-Jährigen gefeuert, fügte sich dabei aber selbst lebensgefährliche Verletzung zu.

Wegen versuchten Mordes ist am Montag am Landesgericht ein 33-Jähriger rechtskräftig zu 12 Jahren Haft verurteilt worden. Er hatte am 1. Mai 2024 nach einem gescheiterten Drogen-Deal - er wollte mit zwei Freunden in der Hackengasse in Wien-Rudolfsheim-Fünfhaus Kokain erwerben - eine Pistole gezückt. Laut Anklage zielte er auf einen 22-Jährigen, der als Kampfsportler zum Gegenangriff überging. Der Angeklagte gab in weiterer Folge zwei Schüsse ab und verletzte sich dabei selbst lebensgefährlich.

Die Staatsanwältin zeigte sich überzeugt, dass der Angeklagte in Tötungsabsicht von seiner Schusswaffe Gebrauch gemacht hatte, die er illegal besaß. Gegen den Mann besteht seit seinem 17. Lebensjahr ein Waffenverbot. Die Geschworenen schlossen sich mehrheitlich - mit einem Stimmverhältnis von 7:1 - dieser Ansicht an. Zudem wurde der 33-Jährige aufgrund einer ihm bescheinigten Gefährlichkeit nach § 21 Absatz 2 StGB in ein forensisch-therapeutisches Zentrum eingewiesen.

Die insgesamt drei Männer, mit denen er und seine jüngeren Freunde um das Kokain gefeilscht hatten, hatten darauf bestanden, dass die Ware zuerst bezahlt werden musste, was die potenziellen Käufer ablehnten, weil sie befürchteten, übers Ohr gehauen zu werden. "Er ist nicht der beste Schütze, aber er weiß ganz genau, was passiert, wenn man auf jemanden schießt", sagte die Anklägerin.

Der 33-Jährige sei "nur aus Zufall" nicht dazu gekommen, dem 22-Jährigen frontal in den Körper zu schießen. Der Tschetschene betreibt nämlich Kampfsport und wandte eine spezielle Würgetechnik an, die den Bewaffneten am Abdrücken hindern sollte. Mittels eine so genannten Choke versuchte er ihn bis zur Bewusstlosigkeit zu würgen, nachdem er den 33-Jährigen zu Boden befördert hatte. Dieser habe in der Umklammerung aber kurz die rechte Hand freibekommen und versucht, ihm nach hinten in den Kopf zu schießen, schilderte der 22-Jährige einem Schwurgericht: "Er wollte mir ins Gesicht schießen. Zum Glück kann ich mich verteidigen. Wär ich wer anderer, hätte er mich sicher getötet."

Notoperation rettete Angeklagtem das Leben

Dem 22-Jährigen gelang es, sich wegzuducken, so dass der erste Schuss ins Leere ging. Danach habe der 33-Jährige, den er noch immer von hinten umklammert hatte, ihm die Pistole in den Rücken gedrückt, worauf er seitlich "weggemovet" sei.

Das Projektil drang dem 33-Jährigen in die eigene Lunge. Die Folge war ein Pneumothorax - der Eintritt von Luft in den Pleuraspalt -, was zu einem Lungenkollaps führte. Nur der Umstand, dass die Rettungskette funktionierte und der Mann in einem Spital notoperiert wurde, rettete ihm das Leben. Der 22-Jährige erlitt lediglich vom Schusswaffengebrauch herrührende Verbrennungen unterhalb des Schulterblatts. Die Frage der vorsitzenden Richterin, ob er sich dem Verfahren als Privatbeteiligter anschließen und Schmerzengeld geltend machen wolle, verneinte er: "Ich will nur, dass er die Strafe kriegt für das, was er gemacht hat."

Angeklagter wollte "gewährleisten, dass wir uns zurückziehen können"

Der von Verteidiger David Jodlbauer vertretene Angeklagte stellte in Abrede, in Tötungsabsicht geschossen zu haben. Er habe nur deshalb die Pistole gezogen, weil er sich vor der gegnerischen Gruppe gefürchtet habe. Auf die Frage, weshalb er sich überhaupt zum Kokainkauf bewaffnet hatte, meinte er: "In Wien ist es gefährlich geworden. Da hört man immer von Messerstechereien." Er habe daher "zur Abschreckung" eine Pistole mitgenommen. Er habe bemerkt, dass die anderen aggressiv wurden, weil der Deal nicht zustande kam: "Ich habe Angst bekommen und wollte gewährleisten, dass wir uns zurückziehen können. Meine Absicht war, sie zu erschrecken und dass wir nach Hause gehen können. Ich wollte ihnen Angst machen, dass sie sich schleichen."

Der 22-Jährige habe ihm aber einen Faustschlag versetzt und ihn dann "in den Choke genommen, der tödlich enden kann. Ich hab' keine Luft mehr bekommen. Ich hab' die Sterndl gesehen." Da habe er die Waffe gezogen: "Ich hatte Todesangst." Er wisse nicht mehr, "ob die Waffe in den Zeitpunkt überhaupt in meiner Hand war. Es war ein Nebel in meinem Gehirn. Es kann sein, dass ich mich selber angeschossen habe. Es kann sein, dass er an der Waffe war. Es kann sein, dass sich im Gerangel ein Schuss gelöst hat. Ich weiß nicht, welche von den drei Dingen wirklich passiert ist."

DNA-Spuren belasten Angeklagten

Aus Sicht der Staatsanwaltschaft ist eindeutig erwiesen, dass der 33-Jährige der Schütze war. Am Abzug der Pistole wurde ausschließlich seine DNA-Spuren sichergestellt. Nach dem zweiten Schuss war es laut Anklage dem 22-Jährigen gelungen, den Angeklagten zu entwaffnen. Er kickte dann die Pistole mit einem Fuß unter eine geparktes Auto, ohne die Waffe überhaupt angegriffen zu haben.

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