Eismarillenknödel und Klappmesser: Wie gefährlich ist es am Reumannplatz?

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Die Polizei will eine Ausweitung des bestehenden Waffenverbots und verweist auf drei Attacken in nur einer Woche in Favoriten. Die Anrainer hinterfragen aber den Nutzen.

Lange Schlangen vor dem Traditionseisgeschäft Tichy, Kinder, die im Wasser pritscheln und Pensionisten, die im Schatten Kaffee trinken. Wer am Fenstertag über den Reumannplatz schlendert, kann nur schwer nachvollziehen, warum der Knotenpunkt im zehnten Wiener Gemeindebezirk für viele Menschen mittlerweile als Pseudonym für Gewalt und Jugendkriminalität gilt.

Doch das geschäftige Treiben zur Mittagszeit ist nur die eine Seite des dreieckigen Platzes im Herzen des Arbeiterbezirks. Denn immer wieder mischen sich am Freitag Rettungs- und Polizeiautos unter die Menschenmassen. Und dann wären da noch die drei Messerattacken allein in dieser Woche rund um den Reumannplatz. Also ausgerechnet dort, wo seit März 2024 ein Waffenverbot gilt.

„Wer kontrolliert das?“

Die Wirkung dieser Verbotszone ist jedoch umstritten. „Wenn einer ein Messer einstecken will, dann steckt er es ein. Wer soll das flächendeckend kontrollieren?“, fragt sich der Tiroler Armin Leitner, der unweit des Hotspots wohnt. Unsicher fühle er sich nicht. Nachsatz: „Abends würde aber ich nicht allein mit teurer Uhr herumlaufen.“

Einer, der an den Nutzen des Messertrageverbots glaubt, ist Landespolizeipräsident Gerhard Pürstl. Nach den jüngsten Vorfällen sprach sich der Wiener Polizeichef erneut für ein allgemeines Messerverbot im öffentlichen Raum aus (siehe unten). „Niemand kann glaubhaft erklären, warum man im öffentlichen Raum mit einem Messer herumlaufen muss“, so Pürstl.

PRESSESTATEMENT ZU SICHERHEITSVORBEREITUNGEN AUF WIEN-MARATHON: PÜRSTL

„Niemand kann erklären, warum man im öffentlichen Raum mit einem Messer herumlaufen muss.“ 

Gerhard Pürstl
Landespolizeipräsident 

Auch wenn eine flächendeckende Exekution des Verbots nicht möglich sei, betont die Polizei den präventiven Charakter und die damit einhergehende „spürbare Verbesserung in Inner-Favoriten“. Dort setzt die Exekutive neben regelmäßigem Streifendienst vor allem auf Schwerpunktaktionen.

Dass dadurch die eine oder andere gefährliche Situation verhindert werden konnte, liegt auf der Hand und belegt auch die Statistik: Seit Einführung des Waffenverbots bis Ende Mai dieses Jahres wurden 174 Waffen, darunter 121 Messer, abgenommen. Exakt 40 Prozent der Abnahmen gehen auf Syrer zurück.

Dafür, dass gewisse Nationalitäten überrepräsentiert sind, glaubt Wahl-Wiener Leitner zumindest teilweise die Erklärung zu kennen: „Man muss sich nur umschauen. Viele Menschen hier leben in den umliegenden Wohnungen auf engstem Raum ohne Balkon.“ Ihm zufolge würde sich das Leben nach draußen verlagern, wo es dann vermehrt zu Konflikten komme.

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Nächtliche Schwerpunktaktion am Reumannplatz.

Die Zahlen decken sich mit den Wahrnehmungen der Anrainer. Christine Thuniot, die „seit Ewigkeiten“ als Floristin in der Favoritenstraße arbeitet, berichtet von Männergruppen, die sich regelmäßig in der Nähe ihres Geschäfts zusammenrotten. „Es handelt sich vor allem um junge Syrer und Afghanen, die nichts zu tun haben und dann raufen.“

„Messer sitzen locker“

Die Messer würden dabei locker sitzen, in der wenige Meter entfernten McDonald’s-Filiale brauche es sogar schon Securitys. „Selbst habe ich aber noch keine Probleme gehabt, ich halte mich da einfach raus.“

Sich raushalten, das ist eine Taktik, auf die hier viele setzen. So erzählt Physikstudent Daniel Weidinger von seiner pensionierten Nachbarin, die bereits ihr ganzes Leben direkt am Reumannplatz wohnt: „Sie sagt immer zu mir, dass sie sich – trotz täglicher Polizeieinsätze – nicht fürchtet, weil ,die machen sich das untereinander aus‘.“

Eine Einschätzung, mit der sie zwar richtig liegen könnte, die aus polizeilicher Sicht aber inakzeptabel ist. Dementsprechend wird seitens Wiener Landespolizeidirektion auf die hohen Strafsummen bei Verstößen gegen das Waffentragegesetz verwiesen. Bis zu 1.000 Euro kann das kosten. Bei Wiederholungstätern sind sogar 4.500 Euro oder Ersatzfreiheitsstrafen möglich.

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