Rekord bei Kongressgästen: Was Bill Gates vom Wiener Tourismus lernen kann

Große Nachfrage in Wien: Derzeit laufen weltweit mehr als 250 Bewerbungen für Meetings bis in Jahr 2038
Wien baut seine Rolle als global führende Tagungsmetropole aus. Touristiker sehen aber noch Luft nach oben.

16.000 Mikrobiologen geben in Wien in Kürze ebenso vielen Geologen die Klinke in die Hand, wenn zwei der weltgrößten naturwissenschaftlichen Kongresse aufeinanderfolgen. Dabei lassen die Forscher mehr als 50 Millionen Euro im Land, denn wie eine Auswertung von Wien Tourismus zeigt, nächtigen die Wissenschafter gerne in Vier- und Fünfsternhotels.

„Durchschnittlich geben Kongressgäste 560 Euro pro Nacht und damit deutlich mehr als Durchschnittstouristen aus (diese lassen nächtlich rund 360 Euro in der Stadt, Anm.)“, erklärt Anna Paic, die bei Wien Tourismus die internationale Positionierung der Stadt als Reise- und Meetingdestination verantwortet. Aber nicht nur das: Tagungsteilnehmer bleiben im Schnitt fast eine Nacht länger.

Wenig überraschend also, dass Kongress- und Tagungstouristen zu den beliebtesten Gästen überhaupt zählen und zentraler Bestandteil der Tourismusstrategie sind. Wie zentral, das zeigen am Mittwoch präsentierte Zahlen.

Vor-Pandemie-Niveau

So hat der Wiener Kongress- und Tagungstourismus 2024 ein Rekordjahr verzeichnet: Insgesamt 6.619 Kongresse und Firmenveranstaltungen generierten eine Wertschöpfung von 1,32 Milliarden Euro für Österreich, wie Tourismus-Direktor Norbert Kettner bekanntgab. Die Branche schuf 23.500 Ganzjahresarbeitsplätze und sorgte für 365 Mio. Euro Steueraufkommen. Alle Kennzahlen toppten bisherige Höchstwerte.

Ganz so zu erwarten war das nicht, schließlich hatten viele während der Corona-Lockdowns persönliche Geschäftstreffen und Tagungen totgesagt. Einer davon ist der einst reichste Mann der Welt – Bill Gates. „Ich darf den so klugen Bill Gates korrigieren. In dieser Hinsicht irrte er sich“, freute sich Kettner bei der Bilanzvorstellung. Tatsächlich liegt Wien bei Kongressen und Firmentagungen im abgelaufenen Jahr über dem Vor-Corona-Niveau und übertraf den bisherigen Rekord um drei Prozent.

Konkurrenz holt auf

Die Konkurrenz schläft aber nicht. Zwar lande die Bundeshauptstadt in diversen Kongressstadt-Rankings stets im Spitzenfeld, internationale Konkurrenten holen jedoch auf, betonte Markus Grießler, Tourismusobmann in der Wiener Wirtschaftskammer. Die saudi-arabische Hauptstadt Riad etwa baue eine Million Quadratmeter Ausstellungsfläche, um ein Stück vom Kuchen abzubekommen.

Wien solle natürlich nicht Riad werden, sind sich die Experten einig. Mit der neuen „Wien Holding Arena“ sehe man sich dennoch für noch mehr Gäste gewappnet. Künftig soll es nämlich mehr Events in der Stadt geben, die (Kongress-)Touristen anlocken und in der Stadt halten. Es gehe vor allem um die Schaffung eines Rahmenprogramms nach den täglichen Meetings.

Um das umzusetzen, ohne die Lebensqualität der Bevölkerung zu beeinträchtigen, setzen Veranstalter immer öfter auf sogenannte „Legacy-Programme“. Diese sollen für einen nachhaltigen Mehrwert in der Region sorgen. In der Praxis kann das dann so aussehen: Wenn Anfang Juni Nierenspezialisten aus aller Welt nach Wien kommen, werden diese sich nicht nur fortbilden und netzwerken. Ebenfalls geplant sind kostenlose Nierenchecks für alle Interessierten.

Klarheit: Die wichtigsten Begriffe

Mit 18,9 Millionen touristischen Nächtigungen in Wien im Jahr 2024 wurde ein Plus von neun Prozent verzeichnet. Damit sei der bisherige Bestwert, der 2019 aufgestellt wurde, um sieben Prozent übertroffen worden. Im Jahr 2023 sei man noch zwei Prozent darunter gelegen.So übertraf der vorjährige Nächtigungsumsatz bereits im November den Ganzjahreswert von 2023 – eine Premiere in der Statistik. Nach den deutschen ( 3,46 Millionen Nächtigungen) und inländischen Gästen verzeichneten jene aus den Vereinigten Staaten die drittmeisten Nächtigungen mit einer Zahl von 1,22 Millionen. Neben Deutschland und Österreich und den USA verzeichnen vor allem europäische Quellmärkte Zuwächse. So etwa Italien mit 1,035 Millionen Nächtigungen (plus von 14 Prozent) und auch Großbritannien mit 798.000 Nächtigungen, was einem Plus von 17 Prozent entspricht.

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