Personalnot in Wiens Spitälern: Anästhesie als nächster Krisenherd

Nach nur einer Stunde ging am Freitag der Streik der von Personalnot geplagten Ärzte in der Notaufnahme der Klinik Ottakring zu Ende. Die Verantwortlichen im Rathaus und im Gesundheitsverbund (Wigev) werden aber nur kurz durchatmen können: Denn schon bereiten andere Abteilungen Kampfmaßnahmen vor.
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Und auch mittelfristig ist wohl keine Entspannung der Personalsituation bei den Spitalsärzten in Sicht. Das legt zumindest die Beantwortung einer ÖVP-Anfrage an Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) nahe. Im Fokus standen Parameter, die aus der Sicht der ÖVP Schlüsse auf die künftige Lage in den Spitälern zulassen sollen: Die aktuelle Auslastung der Ausbildungsplätze sowie die Zahl der Pensionierungen und sonstiger Abgänge.
Gerade in wichtigen Schlüsselfächern wie Innere Medizin oder Kinder- und Jugendheilkunde bestehe demnach die Gefahr, dass sich in den kommenden Jahren die Lücken noch vergrößern werden.
Das lässt sich beispielhaft anhand einem großen, besonders versorgungsrelevanten Fach zeigen, das zuletzt in Wien immer wieder für Negativ-Schlagzeilen sorgte: Die Intensivmedizin/Anästhesie. Dort waren mit Stand 2021 in den Wiener Gemeindespitälern von 107 Ausbildungsstellen laut Anfrage-Beantwortung nur 86 besetzt.
Insgesamt sind 243 Anästhesisten in den Gemeindespitälern tätig (Stand 2021). Auffällig ist vor allem eine zuletzt große Zahl an Pensionierungen. 2021 waren es 19, ein Jahr darauf sogar 27 – deutlich mehr als in den Jahren zuvor. Der Wert liegt sogar höher als in der Inneren Medizin, wo in absoluten Zahlen wesentlich mehr Ärzte tätig sind (385). Hier gingen 2021 und 2022 lediglich elf bzw. 24 Mediziner in Pension.
Auch die Zahl der sonstigen Abgänge stieg bei der Anästhesie in den vergangenen Jahren stark an: Von zwei (2017) auf zehn (2021).
Großer Frust
Möglicherweise mit ein Grund, warum aktuell in diesem Fach schon jetzt die Lage so kritisch ist. Die Anästhesisten an der Klinik Favoriten wären am 3. Juli die nächsten Ärzte gewesen, die in den Streik getreten wären, der Wigev konnte sie aber im letzten Moment noch davon abbringen. Laut Standard sollen frei tätige Fachärzte für einen Stundenlohn von bis zu 250 Euro brutto einspringen, um das derzeit nur zur Hälfte besetzte Team zu unterstützen.
„Für die Problemabteilungen sind rasche Sofortmaßnahmen nötig“, sagt ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec. „Neben Strukturreformen müssen eigene Personalpakete geschnürt, Anreize gesetzt und Möglichkeiten der Digitalisierung vorrangig umgesetzt werden.“

Ingrid Korosec (ÖVP)
„Für die Problemabteilungen sind rasche Sofortmaßnahmen nötig“, sagt ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec. „Neben Strukturreformen müssen eigene Personalpakete geschnürt, Anreize gesetzt und Möglichkeiten der Digitalisierung vorrangig umgesetzt werden.“
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