„Auf seiner Liste will man nicht landen“, heißt es aus mit dem Verfahren vertrauten Anwaltskreisen. Das denken am Mittwoch offenbar auch alle zum Prozess geladenen Zeugen. Es handelt sich um acht Mitglieder aus „Dexters“ rund 200 Personen umfassender Gruppierung. Alle acht befinden sich derzeit in Haft. Abgesehen vom ersten Zeugen, Dejan S., der in der Josefstadt einsitzt, werden sie alle per Video aus den unterschiedlichen Justizanstalten zugeschaltet.
Mit FBI-Hilfe überführt
Die Befragung des ersten Mannes zeigt, warum: Als der 29-Jährige den Gerichtssaal betritt, treffen sich sein Blick und jener des Angeklagten nur für den Bruchteil einer Sekunde. Viel zu hören ist von Dejan S. in Folge nicht: „Ich lehne eine Aussage ab.“ Aber auch jene Zeugen, die sich bei der Befragung nicht im selben Raum wie „Dexter“ befinden, scheinen „gut beraten“ zu sein. Ihre Versionen klingen alle ähnlich: Ihre Anwälte hätten Druck auf sie ausgeübt, deshalb hätten sie bei früheren Verfahren Delikte gestanden. Und den Beschuldigten hätten sie noch nie gesehen, dementsprechend könnten sie nicht gegen ihn aussagen.
Auch ohne dass die Männer ihren laut Anklage ehemaligen „Filialleiter“ belasten, scheint die Beweislage am Mittwoch relativ eindeutig. Denn zu Fall gebracht haben „Dexter“ vermeintlich abhörsichere Krypto-Handys. Dem FBI war es gelungen, die verschlüsselten Mobiltelefone zu knacken und Chatprotokolle krimineller Vereinigungen sicherzustellen. Mehr als 300 einzelne Suchtgiftdeals ließen sich so in Österreich nachweisen.
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Werner Tomanek, Strafverteidiger von Dario D., wies die Geschworenen am Mittwoch daraufhin, dass der behauptete Verkauf von Hunderten Kilogramm Suchtgift während der Corona-Pandemie und damit „im tiefsten Lockdown, ohne Nachtgastronomie“ stattgefunden hätte. Das sei zu bezweifeln.
Außerdem stellte er die Verwertbarkeit der Beweismittel infrage, da die vorausgegangene Überwachung in Österreich nicht zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof (OGH) bestätigte in der Vergangenheit allerdings, dass die Beweise verwendet werden dürfen.
Markante Stimme
In den entschlüsselten Daten fanden sich zahlreiche Selfies des Angeklagten sowie Sprachnachrichten, in denen er Aufträge gibt. Aufgrund seiner markanten Stimme sei Dario D. eindeutig identifizierbar, so der Staatsanwalt.
Der mutmaßliche Mafiapate wollte davon nichts wissen: „Wir leben im 21. Jahrhundert, das kann man manipulieren“, rechtfertigte er sich. Warum bei ihm mehrere Krypto-Handys gefunden wurden, beantwortete er nicht.
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Ein Smartphone sorgte auch während des Prozesses für ungewöhnliche Szenen. Der Richter forderte in einer Unterbrechung eine Angehörige von „Dexter“ auf, ihr Handy herauszurücken. Ein Justizwachebeamter hatte sie offenbar im Vorfeld beobachtet, wie sie während der Verhandlung Fotos machte. Zu welchem Zwecke die Aufnahmen gefertigt wurden, war unklar.
Klar ist aber bereits nach dem ersten Prozesstag: Auf „Dexters“ Liste sollte man nicht landen.
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