Mutmaßliche Polizeigewalt: Ermittlungen gegen vier Beamte
Nach den Fällen von Polizeigewalt bei einer Klima-Demonstration in Wien ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen vier Beamte. Drei sind bereits namentlich bekannt, ein vierter muss noch ausgeforscht werden. Es besteht der Verdacht der Körperverletzung und der schweren Körperverletzung unter Ausnützung einer Amtsstellung sowie der Gefährdung der körperlichen Sicherheit, hieß es Mittwochnachmittag.
Diese Aktion der Gruppen "Extinction Rebellion" und "Ende Geländewagen" vergangenen Freitag stand übrigens nicht in Zusammenhang mit den "Friday For Futures"- und Schüler-Demos, die jeweils freitags stattfinden.
Staatsanwaltschaft bei Einvernahme anwesend
Bisher wurden laut der Behörde fünf Zeugen einvernommen. Zahlreiche weitere Befragungen sollen in den nächsten Tagen stattfinden. Noch nicht einvernommen wurden auch die Beschuldigten, sagte Nina Bussek, Sprecherin der Staatsanwaltschaft Wien. Die Behörde betonte in ihrer Aussendung, dass sie sich ihrer „Verantwortung für eine rasche und objektive Aufklärung der einzelnen Vorwürfe bewusst“ ist. Aus diesem Grund finden sämtliche weiteren Vernehmungen unter Beteiligung des zuständigen Staatsanwaltes statt, bei der Einvernahme der vier Polizisten werde der Staatsanwalt auf jeden Fall anwesend sein, sagte Bussek.
Die Staatsanwaltschaft stellte in ihrer Aussendung klar, „dass die Leitung des Ermittlungsverfahrens allein der Staatsanwaltschaft zukommt. Sämtliche Schritte der Kriminalpolizei erfolgen daher in Absprache mit dem zuständigen Staatsanwalt. Die Verdachtsbeurteilung obliegt ausschließlich der Staatsanwaltschaft Wien“, hieß es in der Aussendung. Seitens der Wiener Polizei werden die Ermittlungen vom Referat für besondere Ermittlungen geführt. „Es liegt nicht in der Kompetenz der Staatsanwaltschaft, die Ermittlungen auf Polizeiebene in ein anderes Bundesland zu delegieren“, erklärte Bussek.
Kurz zuvor hatte der Wiener Polizeipräsident Gerhard Pürstl zwar eingeräumt, dass es beim Polizeieinsatz gegen die Klimademo am vergangenen Freitag zu einer gefährlichen Situation gekommen war. Wie Pürstl nach seinem Auftritt im BVT-Untersuchungsausschuss vor Journalisten sagte, gehe er derzeit aber nicht davon aus, dass diese vorsätzlich herbeigeführt wurde.
Videos von mutmaßlicher Polizeigewalt
Bei der Demonstration wurde ein Aktivist von Polizisten unter ein Polizeiauto gezerrt, das wenig später losfuhrt. Der Kopf des Mannes wäre beinahe von einem Hinterrad des Autos überrollt worden. Pürstl meinte, er gehe nach Ansicht der Videos von einem fahrlässigen und nicht von einem vorsätzlichen Verhalten der involvierten Beamten aus. Und im Fall des ersten Videos, das zeigt, wie ein Polizist auf einen am Boden fixierten Demonstranten einschlägt, habe der betreffende Beamte die Faustschläge im Einsatzprotokoll korrekt angegeben, betonte Pürstl.
"Es ist immer eine Herausforderung für die Polizei, wenn derartige Dinge über Soziale Medien hochkommen", sagte Pürstl zu den Videos der Übergriffe auf Teilnehmer der Klimademo am vorigen Freitag. Er bat die Bevölkerung um Vertrauen und sagte "objektive Aufklärung" zu.
Befragungen beider Seiten
Dass sowohl seine Aussagen als auch jene seines Stellvertreters Michael Lepuschitz am Mittwoch bereits auf einen Freispruch für die handelnden Beamten hinauslaufen, wies Pürstl zurück. Es gelte nun, sowohl die beteiligten Beamten als auch die betroffenen Demonstranten zu befragen. Den Vorwurf, die Beamten hätten rascher befragt werden müssen, weist er zurück, denn sie hätten Anspruch auf einen Anwalt: "Auch Polizisten haben Verteidigungsrechte."
Die von Amnesty International geforderte Entschuldigung bei den betroffenen Demonstranten gibt es von Pürstl vorerst nicht. Sollte Fehlverhalten festgestellt werden, dann werde er die entsprechenden Worte finden, sagte der Wiener Polizeichef. Er verweist aber darauf, dass die meisten bei der Klimademo festgenommenen Demonstranten keine Ausweise bei sich getragen hätten, um eine Identitätsfeststellung zu verhindern. Das sei eine "konzertierte Aktion" gewesen. Die Vorwürfe würden nun aus der Anonymität erhoben.
Kommentare