Bißmann ist bei Wien-Wahl Spitzenkandidatin der Migrantenliste
Die als "Migrantenpartei" bekannt gewordene Namensliste SÖZ (Soziales Österreich der Zukunft) rüstet sich für die Wien-Wahl und präsentiert mit Ex-Nationalrätin Martha Bißmann ihre Spitzenkandidatin. Parteichef bleibt der türkischstämmige Gründer Hakan Gördü.
Dass Bißmann, die für die "Liste Jetzt" im Nationalrat saß und dort den Platz für Parteigründer Peter Pilz freimachen musste, für SÖZ kandidiert, war bereits bekannt - der KURIER berichtete. Allerdings war ursprünglich von einer "Allianz" der parteiunabhängigen Energie- und Umwelt-Managerin mit SÖZ die Rede. Das ist jetzt anders: Bißmann ist nun echtes SÖZ-Parteimitglied. Bei der Wien-Wahl, die Anfang Oktober stattfinden dürfte, rechnet sie mit 5 bis 7 Prozent.
Migrantische Themen
Der Politikerin auf der Kandidatenliste den Vortritt zu lassen, fiel Gördü nicht schwer, erklärt er: "Es geht bei uns nicht um persönliche Ambitionen, wir sind eine breite Bewegung. Martha Bißmann bringt uns Reichweite - sie hat eine große Community und mehr politische Erfahrung als ich."
Dass eine Spitzenkandidatin Wähler aus dem religiös-konservativen Spektrum vergrämen könnte, glaubt Gördü nicht: "Sie hat im Parlament eine solidarische Haltung mit Muslimen gezeigt und migrantische Themen angesprochen - etwa mit ihrer Kopftuch-Rede. Darum genießt sie in der Community eine hohe Glaubwürdigkeit. Da geht es nicht darum, ob ihr Rock lang oder kurz ist."
"Keine Türkeipolitik"
Bißmann wiederum hat kein Problem mit der von politischen Kommentatoren geäußerten Kritik, sie lasse sich von einem Erdogan-nahen Verein vor den Karren spannen. Gördüs Vergangenheit als Vizechef der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD), die als verlängerter Arm der AKP gilt, schreckt sie nicht ab.
"Ich fühle mich vor keinen Karren gespannt", sagt Bißmann. Sie habe sich SÖZ und die handelnden Akteure "genau angeschaut", bevor sie sich zur Kandidatur entschloss. Türkeipolitik sei bei SÖZ "überhaupt kein Thema", es gehe ausschließlich um "soziale und ökologische Politik mit Schwerpunkt Wien".
Bedingungsloses Grundeinkommen
Punkto Inhalt will man bei SÖZ Minderheiten eine Stimme geben. Unter anderem fordert die "Migrantenliste" während der Corona-Krise eine Finanzspritze des Bundes für kleinere Religionsgemeinschaften, die keinen Kirchenbeitrag bekommen und auf Spenden angewiesen sind. Für Juden, Altkatholiken oder Muslime etwa.
Ebenfalls mit Corona hat die Forderung nach Erlass der Studiengebühren im laufenden Semester zu tun. "Viele Studenten arbeiten in geringfügigen Arbeitsverhältnissen, um sich das Studium zu finanzieren. Für sie gibt es keinen Härtefallfonds und keine Kurzarbeit", sagt Gördü. "Zudem verpassen sie Prüfungen und die Unis weigern sich trotzdem, ihnen die Gebühren zu erstatten. Das ist eine Frechheit."
Zudem plädiert SÖZ für ein bedingungsloses Grundeinkommen - in einer ersten Phase für Alleinerziehende, Studenten, Ältere und Arbeitslose. Die Höhe müsse zumindest 1.200 Euro betragen, meint Bißmann.
Corona-Masken
Um einen Beitrag in der Krise zu leisten, habe man nun begonnen, selbst Mund-Nasen-Masken zu produzieren, sagt Gördü. Diese könnten über die SÖZ-Website bzw. die Facebook-Seite angefordert werden und würden kostenlos zugestellt.
Weiters finden Migranten auf der Facebook-Seite der Kleinpartei Übersetzungen der Corona-Maßnahmen auf Urdu, Arabisch, Kurdisch, Türkisch und Serbokroatisch. Psychologen geben dort zudem Tipps gegen Lagerkoller.
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