Laufclubs boomen: Warum immer mehr Menschen gemeinsam joggen

Laufende Menschen, von hinten fotografiert.
Warum viele Menschen plötzlich in der Gruppe durch die Stadt laufen, hat sich der KURIER bei einem Lokalaugenschein angesehen.

Montagabend, kurz nach 18.00 Uhr. Wenn für viele Menschen der Feierabend ansteht, geht der Tag für einige vor dem 25hours Hotel in Neubau erst so richtig los. Dutzende Menschen versammeln sich dort – nicht auf ein Getränk nach Büroschluss. Sie wollen gemeinsam laufen

Die Sonne steht noch über den Dächern, als Schuhe geschnürt und Wasserflaschen zurechtgerückt werden. Gelächter ertönt, ein paar der Anwesenden schauen noch etwas unsicher in die Runde. Dass Laufen eine Blütezeit erlebt, ist längst sichtbar.

In Parks, auf der Hauptallee, entlang des Rings – überall sieht man Gruppen, die gemeinsam trainieren. Doch Laufclubs sind oft mehr als reines Training. Für viele sind sie ein soziales Netz. Mitlaufen kostet nichts, alles, was benötigt wird, sind Schuhe und ein bisschen Motivation. Gerade junge Menschen finden Anschluss: Man lernt neue Leute kennen, fühlt sich als Teil einer Gruppe und kann, wenn man will, sogar Freundschaften oder Beziehungen knüpfen.

BeimSocial Run Clubist all das zu spüren. Die Stimmung am Treffpunkt ist energiegeladen – und die Teilnehmenden motiviert. Wer zum ersten Mal dabei ist, merkt schnell: Hier zählt das Miteinander, weniger das Tempo. 

Laufende Frauen

Die Lauftreffs finden auch im Winter regelmäßig statt.  
 

Johanna, die zum ersten Mal gekommen ist, sagt: „Ich laufe sonst lieber allein oder mit einer Freundin. Aber heute bin ich mit zwei Freunden da. Es ist spannend, neue Leute zu treffen.“ Andere sind schon länger dabei. Ein Läufer erzählt etwa, dass er seit März regelmäßig dabei ist. „Es ist angenehmer als auf einem klassischen Dating-Event. Nach dem ersten Lauftreff hatte ich sogar eine Verabredung in der Tasche.“

Bewegung und Begegnung

Patrick Gräftner hat den Social Run Club gegründet. Inspiriert wurde er in New York, wo solche Gruppen längst Alltag sind. „Für mich geht es nicht nur ums Laufen, sondern auch ums Netzwerken. Nach den Runden treffen wir uns oben in der Rooftop-Bar, dort kommen die Leute richtig ins Gespräch.“ Der Trend geht weit über den Social Run Club hinaus.

Einer der sichtbarsten Clubs ist Running Late Athletes (RLA). Gegründet wurde er im Mai 2024 von den Studentinnen Salsabil und Kauthar. Sie wollten etwas schaffen, was sie selbst vermisst haben: einen Raum, in dem Frauen unter sich laufen können. 

„Wir sind oft an Laufclubs vorbeigelaufen. Meistens geben Männer dort das Tempo vor, es ist sehr kompetitiv“, sagt Kauthar. „Das ist nicht unbedingt schlecht, aber wir wollten etwas anderes.“ Was klein begann, wuchs in wenigen Monaten auf Dutzende, manchmal bis zu achtzig Teilnehmerinnen an. Für viele ist es ein sicherer Ort, frei von Konkurrenzdruck.

„Wir wollten neue Leute kennenlernen und dachten: Warum nicht einen eigenen Club starten?“, erzählt Salsabil. Eine Mitläuferin fasst den wöchentlichen Sonntagslauf so zusammen: „Hier fragt niemand nach der Zeit oder der Distanz. Man läuft, wie es passt – und findet Anschluss.“ So unterschiedlich die Clubs auch sind, die Grundidee ist dieselbe: Gemeinschaft im Laufen.

Am Ende dieses Abends zieht die Kette der Läuferinnen und Läufer über den Ring. Menschen drehen die Köpfe, lächeln, schauen hinterher. Wenn die Gruppen wieder auseinandergehen, bleibt oft mehr als die sportliche Einheit. Neue Namen im Handy, ein verabredeter Kaffee, vielleicht sogar ein Date.

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